Zeitfahr-Nation Deutschland
Zwei Deutsche flankierten gestern U23-Zeitfahr-Weltmeister Mads Wurtz Schmidt aus Dänemark. Es war das erste Edelmetall in dieser Klasse seit Marcel Kittels Bronzemedaille vor fünf Jahren in Geelong in Australien. Max Schachmann, im letzten Jahr WM-Fünfter, und Lennard Kämna, in Ponferrada Zeitfahr-Champion der Junioren, erkämpften sich Silber und Bronze.

Deutschland ist eine Zeitfahrer-Nation, hat in den letzten Jahren in allen Rennkategorien Weltmeister gestellt: Tony Martin siegte bei den Männern schon drei Mal und will morgen sein viertes Gold gewinnen; Judith Arndt war bei den Frauen 2011 und 2012 erfolgreich, Lisa Brennauer folgte ihr im letzten Jahr in Ponferrada auf den Zeitfahr-Thron; Marcel  Kittel, Patrick Gretsch und Lennard Kämna waren Junioren-Champions, Markus Fothen gewann den Titel in der Kategorie U23.

„Vielleicht liegt es an den Genen,“ sucht U23-Vize-Weltmeister Max Schachmann nach einer Erklärung. „So wie die Kolumbianer am Berg zu den Besten gehören, sind wir gute Zeitfahrer,“ sagt der Berliner mit Wohnsitz in Erfurt. Er hat nach einem schweren Sturz im Frühjahr bei einem Etappenrennen in der Tschechischen Republik rechtzeitig vor der WM seine Form wieder gefunden und war nur zwölf Sekunden langsamer als der neue Weltmeister Schmidt. Das reichte zu Silber; vergessen die Enttäuschung im letzten Jahr, als er nach einem starken Rennen trotz eines Sturzes Fünfter wurde und die Bronzemedaille nur knapp verpasste.

Dass Lennard Kämna in seinem ersten Jahr in der Rennklasse der U23 gleich den Sprung aufs Podium schaffte, hat selbst Insider überrascht. „Das ist eigentlich untypisch. Junge Fahrer brauchen Routine und Rennhärte,“ sagt Bundestrainer Ralf Grabsch. Eine Top-Ten-Platzierung, wenn´s gut läuft vielleicht unter die besten Fünf, das hatte man ihm zugetraut. Aber es lief nicht nur gut, sondern sehr gut für den 18-Jährigen aus Fischerhude bei Bremen.  „Ich bin sehr stolz und glücklich über diese Medaille“, strahlte Kämna nach der Siegerehrung. Der einsetzende Regen hatte ihn nicht behindert. „Zunächst dachte ich, so ein Mist, aber die Straße war nicht wirklich rutschig, ich konnte bis auf zwei Kurven volles Tempo  fahren,“ sagte er.

Kämna  und Schachmann  hatten den Kurs nur  ein einziges Mal komplett abgefahren. „Es gab keine besonderen Schwierigkeiten, dass es öfter nötig gewesen wäre,“ sagt Schachmann, der sein drittes Jahr in der U23-Klasse fährt und seine weiteren Pläne ruhig angeht. „Er ist eigentlich bereit für den nächsten Schritt,“ sagt Bundestrainer Grabsch, der die letzten WM-Vorbereitungen seiner Fahrer aufmerksam beobachtet hat. „Sie haben nach der Tour de l`Avenir zu Hause mit ihren Heimtrainern trainiert, stets in Absprache mit mir. Und sie haben in den Wochen vor der Weltmeisterschaft intensives Motortraining gemacht,“ erklärt Grabsch die Notwendigkeit, sich dadurch eine gewisse Grundschnelligkeit anzueignen. Dabei sei Schachmann ein Fahrer, der lieber zum Ende eines Trainingstages noch mal hinter dem Motorroller fährt, um die Beine zu lockern und die Trittfrequenz zu erhöhen, während Kämna sich lieber zwischendurch mal an das Moped hängt.

Kämna und Schachmann, der 2012 in den Niederlanden schon Bronze bei den Junioren gewann, sind  unterschiedliche Rennfahrertypen: Schachmann ist hoch gewachsen, 1,83 groß, 72 Kilogramm schwer, ideale Voraussetzungen für einen Zeitfahrspezialisten. Kämna, acht Zentimeter kleiner und zehn Kilogramm leichter ist eher der Rundfahrer, einer, der in den nächsten Jahren in mittelschweren Etappenrennen erfolgreich sein wird. Beide aber, da ist sich nicht nur Ralf Grabsch sicher, werden ihren Weg gehen.

 

zum Bild: Max Schachmann (links), Weltmeister Mads Wurtz Schmidt und Lennard Kämna (rechts) bei der Siegerehrung.

 

 

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