Trotz eines Defekts wenige Kilometer nach dem Start hat Tony Martin es geschafft: Der 34-Jährige gewann in Spremberg, nur wenige Kilometer von seiner Geburtsstadt Cottbus entfernt, seinen neunten Deutschen Meistertitel im Einzelzeitfahren, den achten in Folge.
„Es war seit langem der härteste Meisterschaftskampf, denn es war knapp“, sagte Martin (Visma-Jumbo) im Ziel. „Ich hatte mental zu kämpfen, weil ich so früh das Rad wechseln musste und den Vorsprung wieder einbüßte. Das hat mich zunächst komplett aus dem Rhythmus gebracht“, berichtete der alte und neue Deutsche Meister. „Zeitweise fühlte ich mich ein bisschen wie im Niemandsland, weil ich bis ins Ziel nicht wusste, ob die Zeit reichen würde.“ Ein Defekt, bei dem ihm das Hinterrad von der Felge sprang, ließ den Vorsprung schmelzen. Am Ende reichte es doch klar zum Titel.
Martin war auf der 35 km langen Meisterschaftsstrecke 17 Sekunden schneller als der Kölner Nils Politt (Katusha-Alpecin), der sich zufrieden zeigte, mit dem Ehrenplatz. „Die Strecke war super, nur an manchen Stellen können die Brandenburger mal ihr Pflaster austauschen“, lachte Politt im Ziel.
Platz drei ging an den Freiburger Jasha Sütterlin (Movistar), der nicht glücklich über den Bronzeplatz war. „Ich habe mich nach dem Giro nur auf diese Meisterschaft konzentriert und vorbereitet. Ich bin angereist, um zu gewinnen. Aber ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe. Alles lief gut“, sagte Sütterlin, der im Ziel fast eine Minute langsamer (59 Sekunden) als Martin war.
Kleins Premiere
Bei den Frauen gewann Lisa Klein den Meistertitel. Die 22-jährige Saarbrückerin gewann den Kampf gegen die Uhr mit sieben Sekunden Vorsprung vor Mieke Kröger aus Bielefeld. Titelverteidigerin Lisa Brennauer aus Durach im Allgäu wurde Dritte mit einem Rückstand von 28 Sekunden.
„Ich bin mit dem Ziel gestartet, Gold zu holen, aber ich bin trotzdem überrascht. Das ganze Team stand hinter mir. Dann lag es nur noch an mir, es umzusetzen.“
Der 30 km lange Meisterschaftskampf der Frauen in Spremberg war bis zum Schluss sehr spannend. Die drei Erstplatzierten lagen dicht zusammen, die Abstände waren gering. „Es war wirklich ein knappes Rennen“, lacht Klein, „aber das war auf dem Kurs zu erwarten. Ich hätte mir eigentlich einen noch profilierteren Kurs gewünscht “, sagte die neue deutsche Zeitfahrmeisterin, die aus dem Begleitfahrzeug nicht nur die Kommandos von Teamchef Ronny Lauke entgegennahm, sondern auch die Anfeuerungsrufe von Kristina Vogel. Die seit einem Jahr durch einen Trainingsunfall querschnittgelähmte Olympiasiegerin ist eng mit Lisa Klein befreundet und hat sie auf ihrer Siegesfahrt im Auto begleitet.
Zufrieden mit Platz zwei war Mieke Kröger, die im letzten Jahr krankheitsbedingt nicht starten konnte, aber in diesem Jahr wieder den Anschluss fand und gute Resultate einfuhr. Nur sieben Sekunden lag sie hinter Klein zurück. „Aber ich freue mich über Silber. Es war eine schöne Strecke, abwechslungsreich und nicht so langweilig, wie Zeitfahrkurse normalerweise sind,“ sagte Kröger nach dem Meisterschaftskampf.
28 Sekunden langsamer als Klein war Titelverteidigerin Lisa Brennauer. „Klar bin ich erst mal ein wenig enttäuscht. Denn ich bin als Titelverteidigerin ins Rennen gegangen, da will man gewinnen. Wir lagen ja auch lange gleich auf, aber auf den letzten drei Kilometern bin ich eingebrochen,“ sagte die Allgäuerin nach der Siegerehrung.
Eine starke Leistung zeigte auch die letztjährige EM-Zweite der Juniorinnen, Hannah Ludwig, die den Meisterschaftskampf auf Plstz vier beendete.
Heidemann war der Schnellste
Das Rennen der U23 gewann der Trierer Miguel Heidemann vom Radteam Herrmann, der fast eine Minute schneller war als die Konkurrenz. „Mit diesem Vorsprung hatte ich nicht gerechnet“, freute sich der neue Deutsche Meister im Ziel. Er benötigte 40:40 Minuten und war 58 Sekunden schneller als Jungprofi Florian Stork (Team Sunweb) und 1:01 besser als Juri Hollmann (Team Heizomat rad-net.de).
„Ich hatte tolle Unterstützung aus dem Begleitfahrzeug“, sagte der Student der Wirtschaftsinformatik, der in dieser Saison bereits einige Einsätze mit der Nationalmannschaft hatte. „Ich hoffe, nach diesem Ergebnis auf weitere Rennen im Nationaltrikot,“ sagte Heidemann in Spremberg.
zum Bild: Lisa Klein nach dem Rennen Im Interview-Marathon.