„Ich habe gesehen, dass es richtig schwer wird, als Jan Christen attackiert hatte. Aber es war abzusehen, dass hintenraus nur noch wenige übrig sind. Ich bin nur noch Vollgas gefahren. Es war ein geiles Gefühl, als ich merkte, dass ich nur noch gegen Bergfahrer sprinten würde. Solo ankommen wäre natürlich noch geiler gewesen, aber so war es auch nice. Ich wusste, dass der Slowake auch ein wenig sprinten kann, aber ich spürte auch, dass ich stärker sein würde. Das war das, worauf ich trainiert habe, es fühlt sich mega an, das WM-Trikot zu tragen“, sagte Behrens im Ziel.
Niklas Behrens hat das ganze Jahr mit großartigen Leistungen überzeugt. Er ist Deutscher Straßenmeister der U23, gewann bei den Europameisterschaften vor zwei Wochen im Straßenrennen die Silbermedaille, war Siebter im WM-Zeitfahren, Etappensieger der Tour Alsace. Aber was der 20-jährige Bremer in Zürich ablieferte, toppte alles.
Nachdem frühe Ausreißergruppen wieder gestellt waren, suchte Lokalmatador Jan Christen die Vorentscheidung und attackierte 60 Kilometer vor dem Ziel. Sein Vorsprung betrug nie mehr als 40 Sekunden. Das reichte nicht, denn eine starke Verfolgergruppe war dem Schweizer dicht auf den Fersen. Darin fuhren Fahrer wie Tour de l`Avenir-Sieger Joseph Blackmore aus Großbritannien, der dreifache belgische Zeitfahr-Europameister Alec Segaert oder der mexikanische Vuelta-Teilnehmer Isaac del Toro. Sie alle hatten aber keine Chance gegen den bärenstarken Deutschen, der in der Verfolgung so aufs Tempo drückte, dass die Gruppe immer kleiner wurde.
Behrens trug auch keinen normalen Rennanzug, sondern den Zeitfahranzug von Bioracer, der noch windschnittiger ist. „Wenn man viel im Wind fährt, spart das drei bis vier Watt,“ glaubt Behrens und nennt ihn das Formel-1-Modell unter allen Rennanzügen.
Zehn Kilometer vor dem Ziel beschleunigte Behrens erneut. Nur der Slowake Martin Svrcek konnte folgen und schnell hatte das Duo Ausreißer Christen ein- und überholt. Und im Endspurt hatte der Slowake, der im Gegensatz zum Deutschen schon zwei Jahre in der World Tour bei Quick Step fährt, nicht den Hauch einer Chance. Clever setzte sich Niklas Behrens im finalen Sprint im richtigen Moment an die Spitze und fuhr souverän zum WM-Titel.
„Ich wusste ja, dass er in einer Superform ist, aber das heute war sensationell,“ freute sich Bundestrainer Ralf Grabsch über den WM-Erfolg seines Schützlings. „Je länger das Rennen gedauert hat, umso besser wurde er.“
Teamkollege Ole Theiler sprach von einem „Wunderkind.“ „Es war beeindruckend, was er heute abgeliefert hat.“
Niklas Behrens ist erst seit zwei Jahren Radsportler, begann seine sportliche Laufbahn zunächst als Schwimmer, einen Sport, den auch beide Eltern ausüben. Dann wechselte er zum Triathlon wie sein älterer Bruder Timo. Als Rennfahrer wurde sein Talent schnell entdeckt. Lidl-Trek verpflichtete den 1,95 großen Modellathleten für sein Nachwuchsteam. Mit dem WM-Titel der U23 hat Niklas Behrens einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere erklommen. Jetzt warten in nicht allzu ferner Zukunft die großen Klassiker auf den Bremer.