Wenn Antonia Niedermaier aus Bad Aibling gefordert ist, liefert sie ab. Auch auf flachen Strecken, die sie eigentlich nicht so mag, gibt sie alles. Sie kämpft sich durch Wind und Regen, immer bereit, ihr Bestes zu geben. Und wenn dann die Strecke passt, wie in Zürich, dann genießt sie auch die Qualen, die ein Einzelzeitfahren immer bereitet.
„Sie ist richtig stark gefahren, hat den Kurs nahezu perfekt gemeistert,“ sagte Bundestrainer André Korff nach dem WM-Rennen. „Die Strecke lag ihr wesentlich mehr als letztes Jahr. Unser Ziel war es schon, den Titel zu verteidigen. Schade, dass es zu Bronze in der Eliteklasse nicht gereicht hat. Das war knapp,“ meinte Korff.
Am Donnerstag waren die Zeitfahrerinnen angereist, haben den Kurs in Augenschein genommen und am Freitag nach einer weiteren Trainingsfahrt noch einmal mit dem Auto abgefahren, sich die markanten Punkte eingeprägt.
Antonia Niedermaier ist erst seit 2021 Mitglied der Nationalmannschaft, konzentrierte sich davor aufs Skibergsteigen, wo sie international sehr erfolgreich war. Auch heute noch ist sie gelegentlich in den Bergen, wenn auch ihr Schwerpunkt auf dem Rennrad liegt.
Schon als Juniorenfahrerin gewann sie erste Medaillen, war 2021 WM-Dritte und EM-Zweite im Zeitfahren der Juniorinnen. Seit 2022 fährt sie für den deutschen Rennstall Canyon SRAM und beeindruckte 2023 nicht nur als Etappensiegerin im Giro d`Italia der Frauen. „Antonia ist sehr selbstbewusst, taff, weiß was sie kann,“ beschreibt sie Bundestrainer Korff. International gehört sie am Berg zu den Besten.
Vor einer Woche wurde sie – zum zweiten Mal in Folge – EM-Zweite im U23-Zeitfahren, auf einer Strecke, die sehr flach war. Auch das kann sie. Aber in Zürich lief es dann noch ein Stück besser.
„Ich habe mich auf dem Kurs wohl gefühlt, weil ich auch eine Kletterin bin und die Berge mag. Ich habe mir auch einiges an Druck auferlegt, weil ich den Titel unbedingt wieder wollte, und bin natürlich sehr zufrieden mit meinem Rennen,“ sagte die alte und neue U23-Weltmeisterin. Obwohl sie die Berge mehr liebt, haben ihr die letzten zwölf flachen Kilometer nichts ausgemacht. „Ich wusste ja, nach 12 km ist es vorbei. Aus dem Auto heraus haben sie mich angefeuert und motiviert, und ich bin Vollgas ins Ziel gefahren.“
Ihren zweiten WM-Sieg bewertet Niedermaier als wertvoller. „Ich bin dieses Jahr noch mal anders gefahren als 2023 in Glasgow. Und ich war Vierte im gesamten Rennen. Das macht schon einen Unterschied zum Vorjahr, das muss man erst einmal schaffen, und das macht mich stolz,“ freute sie sich über ihr gelungenes Zeitfahren in Zürich.
Auch die zweite deutsche Starterin, Franziska Koch (dsm-firmenich-PostNL) fuhr ein starkes Rennen, belegte Rang 15 (3:04 Minuten zurück). „Ich bin zufrieden mit dem Rennen, habe mich gut gefühlt. Aber auf der flachen Passage zum Ziel habe ich gelitten, es ging immer nur stur geradeaus,“ sagte Koch im Ziel. Und blickt nun optimistisch auf das Teamrelay am Mittwoch. „Das Zeitfahren heute gibt mir Zuversicht für den Mannschaftswettbewerb.“
Dort treten auch Miguel Heidemann und Maximilian Schachmann an, die im heutigen Einzelzeitfahren der Elite über 46,1 km die Plätze 20 und 23 belegten.
„Ich bin dankbar für die Chance, das ich heute starten durfte, und ich habe alles gegeben,“ sagte Heidemann im Ziel. „Anfangs bin ich es konservativ angegangen, weil ich nicht so oft so lange Zeitfahren bestreite. In der Abfahrt habe ich vielleicht etwas Zeit liegen lassen, weil ich auf Sicherheit gefahren bin.“
Maximilian Schachmann war dagegen überhaupt nicht zufrieden und haderte mit der für ihn schwachen Platzierung. „Mir ging es heute von Anfang an schlecht, und ich weiß nicht, woran es gelegen hat. Noch in der Renewi-Tour bin ich vor kurzem so viel besser gewesen als heute. Als ich über die Welle war, habe ich wohl etwas überpaced und mich danach nicht mehr erholt.“
Der Belgier Remco Evenepoel verteidigte seinen WM-Titel erfolgreich und durfte sich nach Olympia-Gold auch wieder das Regenbogentrikot überstreifen.
Morgen fallen die Entscheidungen im Einzelzeitfahren der männlichen U23 und Junioren.