Die Vollversammlung des DOSB hat mit großer Mehrheit der Strukturreform des Spitzensports zugestimmt. Wie bewerten Sie das Konzept allgemein?
Die Strukturreform hat viele gute Elemente, aber sie bedeutet auch mehr Bürokratisierung. Insgesamt betrachtet ist sie sicherlich richtungsweisend und vielversprechend.
Aussichtsreiche Disziplinen sollen künftig mehr Geld bekommen als solche, für die es nur wenig Hoffnung auf Medaillen gibt. Was bedeutet das im konkreten Fall für die Sparte BMX im BDR?
Nehme ich einer Sparte das Geld weg, wird eine andere deswegen nicht automatisch erfolgreicher. Als Beispiel: Ich streiche 30.000 Euro Fördermittel für den BMX-Sport und gebe sie an den Bahnsport. Damit lässt sich nicht einmal eine Bahn-Weltcup-Teilnahme finanzieren, aber im BMX-Sport kann ich damit schon viel machen. BMX ist ja keine perspektivlose Sportart in unserem Verband, nur weil wir da noch keine Olympiamedaille gewonnen haben. Man muss das sehr genau abwägen, wo man streicht, wo man mehr Geld hingibt.
Sie beschreibt auch eine bessere Arbeitssituation für die Trainer. Tatsächlich aber ist die Finanzierung des BDR-Trainerstabes nur bis Ende 2018 gesichert und soll – nach derzeitigem Stand – auf 75 Prozent gekürzt werden. Welche Auswirkungen hat das?
Wie die Situation dann ab 2019 sein wird, wissen wir heute nicht, aber zunächst einmal sendet das ein schlechtes Signal. Die Trainer sind eine sehr wichtige Säule unseres Verbandssystems. Sie sind phasenweise rund um die Uhr im Einsatz, vernachlässigen ihr Privatleben, ihr soziales Umfeld leidet. Gerade ihnen sollte man deshalb gute Arbeitsbedingungen bieten und ihnen unbefristete Arbeitsverträge geben. Tatsächlich aber können wir ihnen jetzt nur einen Zwei-Jahresvertrag anbieten. Das ist unbefriedigend für alle Beteiligten.
Ihre Position soll künftig gestärkt werden. So könnten Sie ohne Präsidiumsbeschluss WM-Nominierungen vornehmen. Das muss Sie doch freuen.
In einem liberal geführten Verband stellt sich diese Machtfrage nicht. Es ist oft nicht schlecht, gerade in Nominierungsfragen noch einmal eine zweite Meinung zu hören. Aber etwas anderes bereit mir Sorgen: Die Reform bedeutet einen enormen Mehraufwand für die Verbände und eine starke Bürokratisierung, was ein zielgerichtetes Arbeiten der Spitzenverbände lähmen wird. Das steht in keinem Verhältnis des im Verband tätigen Leistungssportpersonals. Gleichzeitig werden mit der Reform neue Instanzen und Institutionen installiert, die ebenfalls nur mit einem erheblichen finanziellen Aufwand gestemmt werden können.
Können Sie da ein Beispiel nennen?
Die PotAs-Kommission. Dieses Expertengremium bewertet die Potentialanalyse und liefert Daten für die Strukturgespräche. Die Kommission hat meiner Meinung nach einen überproportionalen wissenschaftlichen Anstrich und wird bei ihren Entscheidungen zu wenig auf die individuelle Situation einzelner Sparten eingehen.
Die DOSB-Reform sieht auch eine Aufwertung der Bundesstützpunkte vor. Welche Folgen hat das für den BDR?
Der BDR hat – mit Ausnahme von BMX – kein Bundesstützpunktsystem in seinen Strukturen verankert. Das war auch in der Vergangenheit nicht nötig, weil Wege gefunden wurden, sportartspezifische, standortbezogene Förderstrukturen zu entwickeln, wie beispielsweise in Frankfurt/Oder – und das, obwohl Frankfurt/Oder nie ein Bundesstützpunkt war. Nun muss geklärt werden, welchen Status unser zentrales Trainingszentrum in Brandenburg künftig hat. Da wir aber kein Stützpunktsystem besitzen, muss für den Radsport eine Gleichstellung mit anderen Sportarten ermöglicht werden.
Wird die Strukturreform langfristig Erfolg haben?
Nur wenn sich die Rahmenbedingungen grundlegend ändern. Und der Sport eine neue und veränderte gesellschaftspolitische Stärkung erfährt.