Derzeit bestreitet Roger Kluge den Giro d`Italia. Während seine deutschen Rennfahrerkollegen Marcel Kittel und André Greipel mit ihren Etappensiegen im Rampenlicht stehen, fährt der 30-Jährige aus Eisenhüttenstadt mit der Startnummer 94 eher ein unauffälliges Rennen. Seine Aufgabe in seinem Schweizerischen Team IAM Cycling liegt in der Helferrolle.
Das ist auf der Bahn anders. Da ist Roger Kluge ein Erfolgsgarant und eine Medaillenhoffnung für die Olympischen Spiele in Rio. Bei den letzten Bahn-Weltmeisterschaften in London hatte Kluge WM-Gold im olympischen Mehrkampf nur ganz knapp verpasst, durfte sich aber auch mit Silber als Sieger fühlen. In einem atemberaubenden Omnium-Finale waren nach sechs Disziplinen Titelverteidiger Fernando Gaviria Redon aus Kolumbien, Kluge und der Australier Glen O’Shea mit 191 Zählern punktgleich und sorgten für Mega-Spannung. Erst der letzte von 16 Sprints entschied über die Medaillen.
„Wir haben keinen zweiten Sportler in Deutschland, der so wie Roger Punkterennen fahren kann. Mit dem Druck, mit dem Überblick – unglaublich“, sagt Bundestrainer Sven Meyer über den 30-Jährigen. „Wäre der Zielstrich fünf Meter später gekommen, wäre ich noch an Redon vorbeigekommen“, sagte Kluge später und erntete in der Mixed-Zone einen anerkennenden Klapps vom britischen Superstar Mark Cavendish, der sich mit Platz sechs begnügen musste. „Ich bin glücklich über Silber, auch wenn am Ende nicht viel zum WM-Titel gefehlt hat. Das große Ziel kommt im Sommer“, sagte er weiter. Nach Platz vier im Omnium bei den Spielen vor vier Jahren will Kluge im Sommer in Rio nochmals um eine Medaille fahren, nachdem er bei Olympia in Peking 2008 als Zweiter im Punktefahren schon auf dem Podest stand. „Es scheint so, dass ich immer ein bisschen hinten dran bin. Irgendwann kommt mein Tag – ich hoffe am 15. August. Ich freue mich, wenn ich die Jungs bei Olympia wiedersehe. Da habe ich eine Rechnung offen. Das Ergebnis hier macht mir weiter Hoffnung“, so Kluge. Bundestrainer Sven Meyer, immer noch euphorisiert, kündigte deshalb schon mal an: „Wir kennen ja alle Roger: Der hat sich hier was aufgespart und kann bei Olympia auf jeden Fall noch einen draufsetzen.“ Nur so spannend muss er es nicht wieder machen.
Roger Kluge begann seine Laufbahn im heimischen Brandenburg. Mit dem LKT-Team feierte er bereits in der Juniorenklasse frühe Erfolge, als U23-Fahrer holte er 2007 in Ballerup Bronze im Madison. 2010 wechselte er zum deutschen Profiteam Milram, und gewann im gleichen Jahr den Titel des Omnium-Europameisters bei den Championaten in Polen, nachdem er im Jahr zuvor bereits Europameister im Madison (mit Robert Bartko) wurde.
2011 fuhr er für das niederländische Skil-Shimano Team, dem heutigen Giant-Alpecin Team; 2013 für NetApp (heute Bora-Argon 18), und seit 2014 steht er in den Diensten des Schweizer Teams IAM, die ihm die Freiheit geben, auf der Bahn zu fahren. Dort liegen Kluges Stärken.
Bei den Olympischen Spielen 2012 in London bestritt er ein starkes Omnium-Finale belegte aber als Vierter den undankbarsten Platz überhaupt. Damit das in Rio nicht passiert, arbeitet er intensiv an Ausdauer und Schnelligkeit. Auch beim Giro. Und wenn er ins Ziel fährt, während andere bereits die Arme zum Sieg gereckt haben, dann grämt er sich nicht. Denn Roger Kluge weiß: Seine Zeit kommt, im August in Rio.
zum Bild: Roger Kluge bei der Siegerehrung Omnium WM London März 2016
Roger Kluge im Porträt
Geb.: 1.2.1986 in Eisenhüttenstadt
Wohnort: Berlin
Größte Erfolge: 2008: Silber Olympische Spiele Punktefahren in Peking, Weltcup-Gesamtsieger Scratch, 2009: Europameister im Madison (mit Robert Bartko), 3. Derny-EM, Deutscher Meister Mannschaftsverfolgung und Madison, 2010: Europameister Omnium, 2011 Sechstagesieg in Berlin (mit Bartko), 2012: Olympia-Vierter Omnium in London, Deutscher Meister Einerverfolgung, 2013: Deutscher Meister Mannschaftsverfolgung, 2015: Deutscher Meister Omnium, 2016: WM-Zweiter Omnium