Wenn Max Niederlag vor einem Wettkampf abschalten will, dann setzt er sich Kopfhörer auf und hört am liebsten den Hardrock der australischen Band Wolfmother. Niederlag fährt im Teamsprint auf Position 2. Viele sagen, dass ist die schwierigste Position, denn man braucht ein sehr gutes Gespür für seine Mitfahrer und für die Geschwindigkeit. „Ich muss mit einer Übergeschwindigkeit in die zweite Runde gehen“, sagt Niederlag, der hinter dem „schnellsten Anfahrer der Welt“, hinter René Enders über das Oval saust und in der zweiten Runde alles geben muss. Den Kopf über den Lenker gebeugt, um so wenig wie möglich dem Wind ausgesetzt zu sein, bringt er das Trio weiter auf Touren, sieht nicht, wenn Enders aus der Führung geht, sondern spürt ihn. „Die Ablöse funktioniert beinahe blind, da sind wir eingespielt“, erklärt der Chemnitzer, der nach Runde zwei an Schlussmann Eilers übergibt. „Das ist das schwierigste,“ weiß Niederlag. Man darf nicht zu schnell sein, damit der Hintermann auch noch den Windschatten in die letzte Runde mitnimmt, aber natürlich auch nicht zu langsam.
Im Trainingslager in Colorado hoffen Niederlag und seine Teamkollegen den letzten Schliff für Rio zu bekommen. „Unser Ziel ist es, die Belastungshärte zu steigern, in höhere Laktatbereiche zu gehen, um bei den Spielen dann noch schneller zu sein“ sagt Niederlag, der mit Enders und Eilers in Rio auf Goldkurs steuert. Das ist durchaus realistisch, auch wenn sie bei den Weltmeisterschaften in London im März dieses Jahres „nur“ Dritte wurden. Die Leistungsdichte im Teamsprint ist hoch. Australien, Neuseeland, die Briten und Franzosen und auch die Holländer sind Weltklasse. Da entscheiden manchmal Millimeter.
Für Niederlag sind es die ersten Spiele, aber er schaut „ganz entspannt“ nach Rio. Internationale Wettkämpfe hat er schon zu genüge bestritten, schließlich war er bereits 2011 Junioren-Weltmeister im Teamsprint und gewann 2012, 2013 und 2015 den EM-Titel der U23 in dieser Disziplin. Bei der Nachwuchs-EM in Athen gewann er auch seinen ersten Einzeltitel im Keirin, wurde außerdem Zweiter im Sprint. „Der Keirin-Titel war eigentlich mein bisher schönster Sieg“, sagt er, doch als „Ereignis“ bewertet er den Weltcup in Cambridge in Neuseeland im Dezember 2015 noch höher. „Das war mein schönster Wettkampf, die Stimmung, das Publikum, unser Sieg. Da hat einfach alles gestimmt.“ So würde er auch gern die Spiele in Rio erleben. „Ich bin sehr gespannt auf die Atmosphäre, auf das Leben im Olympischen Dorf, darauf freue ich mich sehr“, sagt Niederlag, der nach seinem Wettkampf nicht mehr viel Zeit haben wird, Land und Leute kennenzulernen. „Ich werde schon früh wieder nach Hause fliegen und dort noch ein paar Tage entspannen“, erklärt der 23-Jährige, denn bereits im September geht seine Ausbildung bei der Landespolizei in Kienbaum weiter. Die Zeit zu Hause will er nutzen, um mit Freundin Deborah, mit der er in Chemnitz zusammenlebt, ein wenig zu entspannen. In der Vorbereitungsphase zu Olympia blieb wenig Raum für Zweisamkeit. Dann werden sie auch gemeinsam kochen, bevorzugt Fisch, denn den mag Max Niederlag besonders. Und wenn es in Rio mit der Medaille klappt, gibt es bestimmt schon dort eine Extraportion.