Pirouetten zum Finale

Nein, so richtig wohl fühlt sich „Mister Kunstrad“ immer noch nicht. Und das nach neun Weltmeisterschaftenvor jeweils 3000 bis 6000 Zuschauern -, acht WM-Titeln, einmal Silber. 20 Jahre Wettkampfsport, aber im Rampenlicht wirkt David Schnabel verloren, würde am liebsten die Flucht ergreifen. Immerhin: „Ich renne nicht mehr voller Panik vor Mikrofonen davon“, lässt er wissen. Dennoch schwingt er sich lieber noch einmal auf sein Velo, dreht auf dem Hinterrad unter rhythmischen Beifall ein paar Pirouettenstylisch im schwarzen Muskel-Shirt mit weißer Krawatte und Hut. Stehende Ovationen im bayerischen Sulzbach bei Aschaffenburg.
 
Das war‘s, der letzte Akt einer unvergleichlichen Sportkarriere. Der Höhepunkt seiner Abschiedsgala, die ihm sein Verein, der RV Adler Soden, bereitet hat. Schnabel hängt das Rad an den Nagel. Den gab’s vom Bund Deutscher Radfahrer gleich mal aus Gold.
 
Zuvor rund drei Stunden ein sportliches Feuerwerk mit Indoor-Pyroshow. Zurücklehnen war für den Mann des Abends dabei nicht angesagt. Mit der Ringergruppe aus Niedernberg musste Schnabel seine Kampfkünste aus Jugendzeiten beweisen. Auf dem Trampolin wurde Salto vorwärts sowie rückwärts von ihm gefordert und selbst beim Radball-Showduell der amtierenden Weltmeister Patrick Schnetzer und Markus Bröll aus Österreich gegen die Mlady-Cousins Gerhard und Bernd vom RMC Stein (4:4), musste David als Ersatzmann ran. Gift für seine eigene Darbietung, bei der er bewusst nicht seine Wettkampfkür zeigte. „Ich fahre Lieblingsübungen aus meiner Schüler-, Jugend– und Erwachsenenzeit“, hatte der 29-Jährige angekündigt. Einzig der mehrfache Drehsprung und der Handstand auf dem Lenker wollten nicht perfekt gelingen. „Da haben die Arme nach dem bisschen Radballspielen doch etwas schlapp gemacht“, schmunzelte Schnabel. Dafür ein blitzsauberer Maute-Sprung vom Sattel auf den Lenker und zum Abschluss einen Handstandüberschlag übers Rad! Elegant, federleicht, spektakulär. Da zog nicht nur Bundestrainer Dieter Maute den Hut.
 
Um kurz nach 23 Uhr war Schluss. Schnabels Dankesworte an Wegbegleiter zum Ausklang. Von der Fläche ließen ihn seine Fans aber erst einmal nicht so schnell. Mit seinem Sportgerät in der Hand gab’s Fotos, Autogramme und Gespräche, während Tribüne und Technik schon abgebaut wurden. Derweil war nebenan Party angesagt – die verlies Gentleman Schnabel erst mit den letzten Gästen.
 
Was bleibt ist ein „unvergesslicher Augenblick“. Eine, von vielen tollen Erinnerungen. Viel zu schnell wurde aus dem schüchternen Jungen ein Spitzbube und nun der Kunstrad-Rentner. Seinen Teamkollegen und den möglichen Weltmeistern von morgen gab er mit auf dem Weg: „Habt Spaß am Kunstradsport und seid nicht zu ernst.“
 

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