Perfektion ist, was man von deutschen WM-Teilnehmern erwartet. 17 Nationen haben für die Titelkämpfe gemeldet – den größten Reibach werden die BDR-Athleten machen, nirgendwo auf der Welt wird der Hallenradsport derart professionell betrieben. Im Einzel- und den Zweiern gelten die deutschen Champions als Favoriten, um die Podiumsplätze aber mischen Schweizer, Österreicher mit, die einheimischen Tschechen und Asiens nachrückende Elite.
1977 und 1991 bat die zweitgrößte Stadt Tschechiens (380 000 Einwoh-ner) bereits zum WM-Stelldichein. Vor 13 Jahren kehrte die BDR-Vertretung mit drei Goldmedaillen im Kunstradfahren und der Radball-Krone zurück. Mehrere der damaligen Protagonisten kommen jetzt in anderer Funktion in die Messe-Metropole. Im Einer siegte der heutige BDR-Vizepräsident Harry Bodmer vor dem jetzigen Bundestrainer Maute. Cycleball-Gold ging an Jürgen King (mit Bruder Werner), aktueller Coach der Cracks.
Ein neuer Holzfaserboden ist in der Arena von Královo Pole verlegt, die damalige WM-Halle dient heute als Trainingsareal. Für die Entscheidungen am Samstag und Sonntag sind kaum mehr Karten für die 3000 Zuschauer fassen-de Anlage, sonst Heimstätte von Brünner Basket- und Volleyballern, erhältlich. „Uns erwartet eine Riesenstimmung“ weiß Jürgen King. Vor allem seit die tschechischen Radballer Peter Skoták/Pavel Smid beim letzten Weltcup siegten und Medaillenansprüche stellen. Das wissen auch Uwe Berner und Matthias König, Weltmeister von 2010, die sich national hauchdünn durchsetzten. Das Rezept der Gärtringer: konsequentes Training von Eckbällen – und viel Selbstvertrauen seit dem Sieg im Nationen-Cup gegen die amtierenden Titelträger aus Österreich (Schnetzer/Bröll).
Der Größte der Branche aber schaut zu. David Schnabel beendete seine Karriere nach dem Gewinn von acht Regenbogentrikots. Er kommentiert jetzt die Leistungen von Michael Niedermeier als titelwürdig. „Er hat sich enorm gesteigert“, so Schnabel. Was der Bundestrainer gerne bestätigt und den 23- jährigen Bayern motiviert: „Mein Ziel ist der Titel.“ Die dreifache Weltmeisterin Corinna Biethan spürt den Atem der jüngeren Konkurrenz, u.a. von Viola Brand, mehrfach mit Punkte-Bestmarken 2014. Im 2er Frauen hießen die Top-Teams entweder Schultheis/Sprinkmeier oder Soika/Wurster. Die fünffachen Erstplatzierten aus Mainz stehen, dank Kontinuität in den letzten Wochen, auf der Pole Position. Ihre schwäbischen Rivalinnen (2 x WM) beenden ihre Karriere in Brno. Es werden Tränen fließen.
Souverän und ungeschlagen marschierten André und Benedikt Bugner (Offene Klasse) durch die Saison. Fortsetzung in Tschechien, wo die Konkur-renz aus den Alpenrepubliken aber zumindest bei der Medaillen-Vergabe ein Wörtchen mitreden kann? Das gilt auch für den 4er-Wettbewerb. Bei der Generalprobe unterlag das Team aus Denkendorf gegen Helvetia. Aber enge Entscheidungen puschen eine Sportart, die sich zunehmend globalisiert (WM 2015 in Malaysia), olympische Visionen hat – und auch in den Medien mehr zum Zuge kommt.
Das deutsche WM-Aufgebot:
Kunstradsport:
1er Frauen: Corinna Hein (Darmstadt), Viola Brand (Schorndorf)
2er Frauen: Katrin Schultheis/Sandra Sprinkmeier (beide Mainz), Jasmin Soika/Katharina Wurster (beide Heidenheim)
1er Männer: Michael Niedermeier (Bruckmühl), Simon Puls (Detmold)
2er offene Klasse: André Bugner/Benedikt Bugner (beide Klein-Winternheim), Michael Rauch/Melissa Breitenbach (beide Gemünden am Main)
4er Frauen: Anja Fahrion, Nelly Ludwig, Sandra Möbus, Janina Raisch (alle Denkendorf)
Radball:
Uwe Berner/Matthias König (Gärtringen)
Die Entscheidungen:
Freitag, 21.11.: Zweier-Kunstfahren offene Klasse
Samstag, 22. 11.: Einer-Kunstfahren Frauen, Vierer-Kunstfahren Frauen
Sonntag, 23.11.: Einer-Kunstfahren Männer, Zweier-Kunstfahren Frauen, Radball-Finale