Den Blick starr geradeaus gerichtet, fuhren Emma Hinze und Lea Friedrich nach dem für die enttäuschenden Keirin-Finale von der Bahn in die deutsche Box. Sie mussten erst einmal verarbeiten, was gerade passiert war. Beide gehörten zu den Top-Favoritinnen in diesem Rennen, besonders Lea Friedrich, die zweimalige Weltmeisterin, die genau auf dieser Bahn in Saint-Quentin-en-Yvelines vor zwei Jahren zum zweiten Mal Weltmeisterin geworden war. Beide waren in Top-Form, mussten keine Gegnerin fürchten. Souverän hatten sie sich durch die Vorrunden gefahren und standen im Halbfinale. Doch dann lief es nicht mehr.
„Sie waren im Halbfinale zu inkonsequent, haben nicht aufgepasst und die Situation falsch eingeschätzt,“ sagte Bundestrainer Jan van Eijden nach dem Keirin-Finale. „Sie waren in den entscheidenden Läufen nicht konsequent genug. Das hat Lea den Einzug ins Finale gekostet und Emma die mögliche Medaille. Sie waren irgendwie nie im Rennen. Wir sind alle enttäuscht, weil beide mehr drauf hatten, als das Ergebnis heute zeigt. Aber so ist Keirin, einmal was verpasst, und dann ist der Zug abgefahren. Das müssen sie jetzt abhaken, denn es steht morgen die Sprint-Quali an, und da ist noch eine Medaille zu holen.“
Lea Friedrich war enttäuscht, dass ihr der Einzug ins große Finale nicht gelang, aber sie zog auch ihre Lehren daraus: „Ich habe im Halbfinale zu spät reagiert, habe mich zweimal aufgehangen, dadurch wurde mir der Schwung genommen, und ich habe es nicht mehr geschafft, vorbeizufahren“, sagte Friedrich, die aber danach souverän das kleine Finale für sich entschied und meinte: „Da habe ich gesehen, dass ich Mega-Druck hatte, und daraus ziehe ich jetzt viel Motivation für das Sprintturnier. Das heute kann ich jetzt ohnehin nicht mehr ändern. Ich bin einfach zu passiv gefahren, nicht wie sonst.“
Für Hinze und Friedrich gehen die Olympischen Spiele schon morgen weiter. Dann steht die Qualifikation im Einzelsprint auf dem Programm. Und da auch will Emma Hinze wieder angreifen, die mit ihrem Keirin-Finale nicht zufrieden war: „Ich habe eine Sekunde zu lange gewartet, und da war das Rennen schon so schnell, dass ich nicht mehr nach vorn kam. Ich kann es jetzt nicht mehr ändern, muss es abhaken und nach vorn schauen. Das nächste Rennen steht an. Das ist halt Sport,“ sagte Hinze nach dem Finale. „Ich weiß, dass meine Beine sehr gut sind.“
Im Omnium der Männer schlug sich Tim-Torn Teutenberg sehr beachtlich. Für den 22-Jährigen Kölner war es das erste Olympische Turnier, das er auf einem starken siebten Platz beendete und viele Top-Fahrer hinter sich ließ. Als Vierter nach dem Ausscheidungsfahren war er in das finale Punktefahren gestartet. „Das ist nicht unbedingt meine beste Disziplin, das hat man gesehen heute. Aber ich bin zufrieden mit dem Rennen. Es war ein hohes Level, alle Top-Fahrer waren am Start. Bei Weltmeisterschaften fehlt schon mal der eine oder andere, aber bei Olympia sind sie alle da. Ich denke, mir fehlt da noch ein wenig die Härte, aber das kommt sicher mit den Jahren.“