Neue Welle ESport

Am Samstag endet die GCA eSports Liga des BDR, eine virtuelle Rennserie, an der im Schnitt 250 Leute teilnahmen. In Deutschland nutzen etwa 100.000 radsportbegeisterte Menschen die Möglichkeit über den Anbieter Zwift, sich in der virtuellen Welt zu messen. Weltweit sind es geschätzte zwei Millionen. Hinzu kommen virtuelle Radsportler auf anderen Portalen.

„Der Stellenwert des virtuellen Radsports ist hoch. Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden“, erklärte BDR Vize-Präsident Günter Schabel in einem online-Pressegespräch und betonte gleichzeitig, „dass der E-Sport eine neue Sparte des Radsports sei und nicht als Konkurrenz zu den klassischen Radsport-Disziplinen zu sehen ist. „Wir stehen dem E-Sport sehr aufgeschlossen gegenüber“, sagt Schabel. Das macht auch die schnelle Umsetzung innerhalb des Verbandes deutlich. Im ersten Lockdown im letzten Frühjahr hat der BDR innerhalb von nur wenigen Wochen die GCA Liga powered by Müller – Die lila Logistik ins Leben gerufen, die im Schnitt 6000 Leute auf You Tube verfolgten.

Tanja Erath, Profiradsportlerin im Team TIBCO-SVB, kam vor vier Jahren über die Zwift Academy zum Profiradsport. „Es war quasi meine letzte Chance, im Profiradsport Fuß zu fassen,“ erläutert Erath. Diese Chance hat sie genutzt, wurde dort entdeckt und hatte schnell Kontakt in die Profiszene. „Ich konnte über die virtuelle Plattform zeigen, dass ich Potential habe“, sagt sie. Die 31Jährige findet Gefallen daran, sich in der virtuellen Welt mit der Konkurrenz zu messen. „Gerade im Lockdown war es eine gute Möglichkeit. Die Gruppendynamik zeiht dich mit. Du hast im Schnitt 30.000 Leute, die parallel irgendwo auf der Welt in die Pedale treten. Das motiviert und gibt dir den Kick, sich aufs Rad zu setzen.“ Bei Zwift habe sie gelernt, vorausschauend zu fahren, was ihr heute in einem echten Straßenrennen hilft. „Man lernt viel und kann es auf der Straße später umsetzen,“ so Erath. Die virtuellen Rennen helfen auch an Stärke zu gewinnen. „Es zählt einzig die Wattzahl, man kann sich nicht verstecken.“ Erath liebt auch die Unabhängigkeit, die ihr der virtuelle Radsport bietet. „Ich bin unabhängig von der Straße, bin keinem Verkehr ausgesetzt, wenn ich beispielsweise in er Großstadt lebe. Ich bin unabhängig vom Wetter.“ Erath liebt es vor allem, ihr Intervalltraining computergesteuert zu absolvieren. Für die Grundlage geht sie aber lieber auf die Straße. 

In der virtuellen Radsportwelt, in der jeder für sich zu Hause fährt, ist es allerdings auch leichter zu betrügen und falsche Werte, beispielsweise bei der Gewichtsangabe zu machen. Daher befasst sich der Weltradsportverband UCI nicht erst mit der Einführung der ersten offiziellen    ESports-Weltmeisterschaft im letzten Dezember, wo der Mainzer Jason Osborne für den BDR den Titel holte, mit dieser Problematik. „Stationäre Wettkämpfe an einem gleichen Ort und standardisiertes Material lassen bei Finalwettkämpfen keinen Spielraum für Unregelmäßigkeiten“, sagt Tim Böhme, Trainerausbilder im BDR und als Head-Coach für die Digitalisierung des Radsports verantwortlich. Nach dem letzten Lauf zur GCA ESports Liga am kommenden Samstag (Start um 18.00 Uhr) wird der BDR einen Perspektivkader aufstellen, in dem ca. zehn talentierte Fahrerinnen und Fahrer aufgenommen werden. Wer in diesem Kader ist, muss sich auch den Doping-Bestimmungen im Verband stellen.  „Wir nehmen das Thema Fairness auch im ESport-Bereich sehr ernst,“ sagt Böhme.

Der ESport ist auch ein Gewinn für die Nachwuchsarbeit im BDR. „Wir konnten in der Nachwuchs-Liga im Sommer einige Talente entdecken, die wir dann unseren Bundestrainern empfahlen,“ sagt Schabel.  Viele Vereins-und Landestrainer hätten diese Möglichkeit ebenfalls genutzt. Und der Wintereinbruch im Februar habe das Interesse am ESport noch weiter gesteigert. „Allerdings, und das betonte Schabel besonders: „ESport ist keine Konkurrenz zum Cross-Sport. Wir haben deshalb die virtuellen Rennen immer so spät gelegt, dass es draußen schon dunkel war.“

Zurückhaltend sind dagegen noch mögliche Sponsoren. „Es ist in der Corona-Pandemie generell schwierig, neue Geldgeber zu finden, da die Unternehmen sehr zögerlich agieren. Aber wir sind auf einem guten Weg und zuversichtlich, hier in der Zukunft einiges erreichen zu können“, sagte Uwe Rohde, im BDR Vize-Präsident für den Bereich Marketing und Kommunikation.

Um noch mehr Leuten die Möglichkeit zu geben, sich in der virtuellen Welt des BDR zu betätigen, könnte man sich eventuell vorstellen, auch weitere Anbieter neben Zwift ins Boot zu  holen. Die Breitensportveranstaltungen sollen dann auch wöchentlich stattfinden. Sie werden im kommenden Herbst wieder ins Programm genommen. Bei schönem Wetter nämlich, da sind sich alle einig, zieht es Radsportler doch lieber auf die Straße. Aber der nächste Winter kommt bestimmt. Und der Boom des ESports geht weiter voran.

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