„Unsere Stärke ist die Mannschaft“

7000 Athleten, 200 Weltmeister, elf Wettkampftage, 200 teilnehmende Verbände. Die Radsport-Weltmeisterschaften in Glasgow, die in dieser Woche beginnen, sprengen alle Rekorde. Der BDR ist mit 188 Athletinnen und Athleten dabei und besetzt alle Disziplinen. Über die logistischen Herausforderungen, die eine solche Super-WM nach sich zieht, spricht BDR-Sportdirektor Patrick Moster in nachfolgendem Interview.

Mit vielen Personen reist der BDR nach Schottland?
Unsere Delegation umfasst ca. 300 Personen, inklusive Betreuer. Durch unsere limitierten Kapazitäten sowohl im personellen, finanziellen und logistischen Bereich stellt das für alle Beteiligten eine sehr große Herausforderung dar, so viele Leute zum gleichen Zeitpunkt an einen Ort zu bringen.

Diese erste Super-WM der UCI ist also für die Verbände vor allem organisatorisch eine große Herausforderung. Was sind die größten?
Normalerweise haben wir Weltmeisterschaften in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Gegebenheiten und etwa 50 Prozent finden in der Regel in Europa statt, können also problemlos und ohne Zollbeschränkungen erreicht werden. Und es ist auch einfacher, eine kleinere Gruppe nach Südafrika zu schicken und eine andere in die Niederlande als jetzt alle zusammen nach Schottland. Durch den Brexit müssen wir genaue Zollbestimmungen einhalten. Jedes Auto darf nur das transportieren, was auch auf dem Carnet erfasst ist. Theoretisch muss jeder Schraubenzieher erfasst werden. Das ist eine unglaubliche Bürokratie und hat die BDR-Geschäftsstelle in Frankfurt bei den Vorbereitungen überproportional belastet. Auch die Unterbringung der Sportlerinnen und Sportler war nicht einfach, auch wenn uns der Veranstalter da gut unterstützt hat. Aber für die optimalen Rahmenbedingungen müssen wir selbst sorgen, beispielsweise, dass unser Koch die Küche nutzen kann, oder dass abschließbare Räumlichkeiten für das Material zur Verfügung stehen.

Nennen Sie mal ein paar Zahlen, was alles mit nach Glasgow kommt.
Wir bewegen Material von einer halben Million Euro, allein ein Zeitfahrer wie Nils Politt reist mit vier Rädern, zwei Straßen,- zwei Zeitfahrräder, die Bahnfahrer haben Ersatzmaschinen und zusätzlich ein Straßenrad, 400 – 450 Räder fliegen oder fahren da mal eben hin und her.

Für manche Disziplinen hat sich durch die Zusammenlegung der Weltmeisterschaften der Saisonhöhepunkt zeitlich verschoben. Gab es da Probleme?
Die Herausforderungen sind eigentlich ähnlich wie in den Vorjahren, allerdings ist es im Bereich der Straße eher ungewöhnlich, dass der Saisonhöhepunkt im Sommer ist, er liegt sonst später. Die Verantwortlichen müssen in diesem Jahr deshalb weitere Events fast parallel vorbereiten. Gerade erst ging in Anadia die Bahn- und MTB-EM der Nachwuchsklassen zu Ende und direkt nach Glasgow findet die Junioren-WM auf der Bahn in Cali statt. Das muss methodisch abgestimmt und alles organisiert werden.

Denken Sie, dass sich nach dieser WM für die „kleineren“ Sportarten etwas ändern wird, weil sie jetzt ein Glasgow mehr Aufmerksamkeit erfahren, oder wird es eher ein Strohfeuer?
Die Idee dieser Super-WM ist interessant und charmant zugleich, aber es bleibt aber abzuwarten, ob und wie solche „Radsportspiele“ von der Bevölkerung angenommen werden, oder ob es nicht zu einer Reizüberflutung kommt. Ich persönlich hoffe, dass dieses Event bei radsportbegeisterten Briten durchaus auf fruchtbaren Boden fällt.

Glauben Sie generell, dass dieses Format Erfolg haben wird? Es ist ja auch für die Ausrichter mit großen organisatorischen und finanziellen Anforderungen verbunden.
Ich denke, dass ist sehr stark davon abhängig, wie aufgeschlossen das jeweilige Gastgeberland ist und welche Tradition das Land im Radsport hat, traditionelle Verbundenheit mit den eher klassischen Radsportarten wie Bahn oder Straße auf der einen Seite und gleichzeitig eine große Offenheit für neue, moderne Sportarten wie Freestyle oder Trial. Die UCI hat meiner Meinung nach mit Glasgow den richtigen Ausrichter für die Premiere gewählt. Die European Championships vor fünf Jahren waren eine sehr erfolgreiche Veranstaltung. Und auch jetzt stehen das Land und die Bevölkerung zu 100 Prozent dahinter. Es war klug vom Weltverband UCI genau diese Stadt für die Premiere auszuwählen, denn vom Erfolg dieser „Radsportspiele“ wird es abhängen, ob das Projekt eine Zukunft hat.

Kommen wir zum Schluss noch einmal zum sportlichen Teil: Auf der Bahn und in der Halle wird der BDR die meisten Medaillen gewinnen, was ist auf der Straße, der medienträchtigsten Disziplin, möglich?
Die Bahn und die Halle sind unsere Säulen, dort werden wir erfolgreich sein, das wird auch wieder eine Standortbestimmung. Ich sehe aber auch auf der Straße viele Chancen. Die Straßenrennen finden auf einem technisch sehr anspruchsvollen Kurs statt, der dem vor fünf Jahren gleicht. Wenn wir im Frauenbereich in ähnliche Regionen vorstoßen (Anmerkung: damals wurde Lisa Brennauer 3.) wäre ich sehr zufrieden. Bei den Männern gehören wir nicht unbedingt zu den Favoriten, auch weil wir nur sechs Fahrer ins Rennen schicken können. Aber wir sind sehr breit aufgestellt, unsere Stärke ist die Mannschaft. Alle haben die Voraussetzungen zu einer Top-Ten-Platzierung.“

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