„Das war ein starker Auftritt unserer Mannschaft,“ lobte Bundestrainer Peter Schaupp und blickt nun zuversichtlich auf die finalen Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele im Juli in Paris. Denn das Abschneiden der deutschen Fahrerinnen und Fahrer bei den MTB-Europameisterschaften war überaus erfolgreich.
Nina Benz (Lexware Mountainbike Team) gewann die Bronzemedaille und sorgte damit für die beste Platzierung einer Elitefahrerin seit fünf Jahren. 2019 gewann Elisabeth Brandau, die heute 13. wurde, ebenfalls Bronze.
Benz erwischte bei widrigen Witterungsbedingungen einen guten Start und arbeitete sich kontinuierlich nach vorn. Schon ab der dritten Runde lag sie auf Platz drei und konnte diese Position im Laufe des Rennens festigen. Nach dem frühen Ausscheiden von Weltmeisterin Pauline Ferrand-Prevot setzte sich die Niederländerin Puck Pieterse einsam an die Spitze und siegte souverän. Zweite wurde Mona Mitterwallner aus Österreich, die sich zwischenzeitlich einen harten Positionskampf mit Nina Benz lieferte.
Dann wurden die Sichtverhältnisse noch schwieriger und Benz musste sogar ihre Brille wegwerfen, weil sie nichts mehr sah. Trotzdem gelang es der Freiburgerin, die in diesem Frühjahr schon beide Bundesligarennen für sich entscheiden konnte, mit 2:15 Minuten Rückstand hinter Pieterse und Mitterwallner auf den Bronzerang zu fahren.
Auch die übrigen deutschen Fahrerinnen fuhren ein starkes Rennen in der Eliteklasse: Lia Schrievers (Bikesportbühne Bayreuth) wurde Siebte (5:47 Min. zurück), Elisabeth Brandau (RSC Schönaich) 13., Leonie Daubermann (KTM Factory MTB Team) 17.
Eine Silbermedaille holte Carla Hahn (Lexware Mountainbike Team) im CC-Rennen der weiblichen U23. Nachdem Short-Track-Europameisterin Kira Böhm (CUBE Factory Racing) das Rennen sehr schnell anging und in der vierten Runde mit der Schweizerin Monique Halter allein an der Spitze lag, ging es im Finale turbulent zu. In der vorletzten Runde stürzte Böhm, die da auf einem sicheren Medaillenrang fuhr, fiel zurück. Beim Sturz wurde ihre Schaltung in Mitleidenschaft gezogen, keine Chance für die Bikerin, wieder nach vorn zu fahren. Hinzu kamen die kalten und nassen äußeren Bedingungen, die das Rennen zusätzlich schwer machten. Völlig durchnässt und frierend erreichten die Fahrerinnen das Ziel.
An der Spitze sorgte im Finale Teamkollegin Carla Hahn (Lexware Mountainbike Team) für Furore. Die 19-Jährige, die erst ihre erste Saison in der U23-Klasse bestreitet, schob sich immer weiter nach vorn und wurde bei ihrer ersten U23-EM für ihre offensive Fahrweise am Ende mit der Silbermedaille hinter Monique Halter belohnt.
Stark auch die anderen U23-Frauen der Nationalmannschaft: Luisa Daubermann (RSG Augsburg) wurde Fünfte, Finja Lipp (Ghost Factory Racing) Siebte, Antonia Weeger (TSV Laichingen) Neunte und Andrea Kravanja (Sunshine Racers Nals) 16. Und Kira Böhm schaffte es auch noch auf den 17. Platz. „Das war bei diesen Bedingungen echt eine super Mannschaftsleistung,“ lobte Nachwuchstrainer Marc Schäfer.
In der Eliteklasse der Männer fuhren alle vier deutschen Teilnehmer in die Top-Ten. Das hatte es in der Geschichte des MTB-Sports noch nie gegeben. Julian Schelb ((STOP&GO Marderabwehr-MTB Team) fuhr auf den Bronzerang, Max Brandl und David List (beide Lexware MTB-Team) wurden Fünfter und Sechste und Leon Kaiser (Team Bulls) wurde Zehnter.
Von Beginn an diktierten die deutschen Fahrer das Renngeschehen. Max Brandl setzte sich gleich zu Beginn in Szene, lag lange Zeit an zweiter Stelle, ehe er nach einem Reifenschaden aus den Medaillenrängen fiel. List, Schelb und Kaiser folgten mit geringem Abstand. Alle vier deutschen Fahrer waren während des ganzen Rennens in den Top-Ten zu finden. In der letzten Runde schob sich dann Julian Schelb nach vorn und holte die verdiente Medaille für die deutsche Mannschaft. Für den 31-Jährigen war es schon das zweite Edelmetall bei dieser EM nach Silber im Short Track.
Neuer Europameister wurde der Italiener Simone Avondetto, der von Beginn an allein in Führung lag und am Ende 50 Sekunden Vorsprung herausgefahren hatte.
Im U23-Rennen der Männer erkämpfen sich Lennart Krayer (Lexware Mountainbike Team) und Paul Schehl (Lexware Mountainbike Team) zwei hervorragende Top-Ten-Platzierungen.
Der Schweizer Finn Treudler zog früh davon und war nicht mehr zu stoppen, gewann mit 1:02 Minuten Vorsprung vor seinem Landsmann Luke Wiedmann die Goldmedaille, Bronze ging an den Franzosen Luca Martin.
Lennard Krayer lag lange Zeit in aussichtsreicher Position um Platz drei, bekam aber dann Defekt, musste sein Rad wechseln und fiel zurück. Trotzdem schaffte er es wieder, sich bis auf den fünften Platz vorzukämpfen, 1:58 Minuten hinter dem Sieger. Sein Teamkollege Paul Schehl belegte mit 2:11 Minuten Rückstand Rang sechs.
Bei den Juniorinnen gab es eine weitere Top-Ten-Platzierung: Lina Huber (TSG Münsingen) belegte Rang neun. Die zweite deutsche Starterin, Pia Pflüger (MTB Treck) wurde 19.
Im Rennen der Junioren belegten Max Adler (RV Concordia Reute) und Ole-Jan Riesterer (SV Kirchzarten) die Plätze 26 und 30.
Reaktionen:
Nina Benz: „Ich bin echt überwältigt und kann gar nicht glauben, dass ich eine Medaille gewonnen habe. Ich hatte mir am Morgen noch gedacht, ok, wenn´s gut läuft ist Top-Fünf möglich, und dann fahr ich plötzlich auf drei! Es waren schreckliche Bedingungen, Regen und fünf Grad Kälte, aber ich kam damit zurecht, konnte meinen Rhythmus fahren. Ich bin überglücklich, dass ich nach zwei schwiegen Jahren jetzt so einen Erfolg feiern kann.“
Carla Hahn: „Ich bin ein wenig sprachlos, weiß nicht, was da gerade passiert ist, habe das noch gar nicht realisiert. Es ist mega. Ich bin unfassbar glücklich, und hätte nie im Leben gedacht, dass ich auch im Cross Country so gut bin. Abends habe ich mich gut gefühlt und mir gesagt, dass es morgen was werden könnte. Eine Medaille hatte ich aber nicht im Auge, eher so Platz fünf. Das Wetter hat mir in die Karten gespielt. Als es anfing zu regnen, habe ich mich gefreut, denn ich wusste, dass ich da in den Abfahrten meine Stärken ausspielen konnte. Aber auch an den Bergen lieg es unfassbar gut. Ich glaube, das war das beste Rennen, dass ich je gefahren bin, und bin unfassbar stolz auf mich.“
Luisa Daubermann: „Ich lag lange Zeit auf Medaillenkurs. Leider wurde mir im Finale sehr kalt und ich habe meine Beine nicht mehr gespürt, konnte keinen Druck mehr auf die Pedale bringen.“
Max Brandl: „Ich bin begeistert, wie ich heute gefahren bin. Bin mega happy, hatte ein sehr solides Rennen, leider hat es wegen meines Reifenschadens nicht gereicht, um eine die Medaille fahren zu können. Das wäre echt der Wahnsinn gewesen.“
Leon Kaiser: „Ich hatte einen guten Start, bin mein Tempo gefahren und habe in den ersten Runden Plätze gut gemacht. Stück für Stück habe ich mich in die Top-Ten gefahren. Nach einem Sturz in der letzten Runde wurde es noch einmal knapp, aber das wollte ich mir nicht mehr nehmen lassen. So kann die Saison weitergehen.“
Lennard Krayer: „Nach dem Start kam ich gut weg, lag nur Sekunden hinter Rang drei. Dann habe ich leider einen blöden Stein erwischt, bekam einen Schleicher und musste wechseln. Das hat viel Zeit gekostet. Den Anschluss an die Medaillenränge habe ich dann nicht mehr geschafft. Aber Top-Fünf ist ok.“
Lina Huber: „Ich habe mich richtig gut gefühlt und das schon nach dem Start gemerkt. In der letzten Runde habe ich noch mal alles rausgehauen und bin sehr zufrieden mit der Top-Ten-Platzierung, vor allem, weil es in der Saison bisher noch nicht so gut lief.“