Lange Zeit sah es nach einem Triumph von Franziska Koch (DSM) aus. Die 22-Jährige aus Mettmann lag bei allen drei Zwischenzeiten an der Spitze, fiel aber am Ende auf den undankbaren vierten Platz zurück (45:36 Minuten).
Im letzten Renndrittel sauste Olympiasiegerin Mieke Kröger von hinten heran: An der ersten Zwischenzeit lag Kröger als 13. noch 36 Sekunden hinter Koch. An der dritten war es nur noch eine halbe Sekunde. Und im Ziel hatte sie mit 0,9 Sekunden Vorsprung die Bestzeit von allen 55 gestarteten Fahrerinnen. Bei 45:13,3 Minuten stoppten die Uhren. 32,2 km mussten die Frauen zwischen dem Startort Donaueschingen und Bad Dürrheim zurücklegen.
Es war wichtig, sich das Rennen genau einzuteilen. Wer direkt nach dem Start zu schnell unterwegs war, der büßte im Finale. „Die Zeit wurde am Berg gemacht,“ schmunzelte Mieke Kröger im Ziel, denn sie ist nicht gerade als Bergfloh bekannt. Die in Köln lebende Bielefelderin sauste mit einer Übersetzung von 56/11 bei 42,72 km/h über den Kurs, machte in der zweiten Rennhälfte Meter um Meter gut und fuhr zum Titel.
„Ich bin losgeschlichen, mein Motor ist sensibel. Wenn ich überziehe, geht es selten gut,“ sagt sie. Und es hat sich ausgezahlt. „Aber man musste sich das Rennen genau einteilen.“
Clara Koppenburg war hochzufrieden mit der Bronzemedaille: „Ich habe erst zwei Tage vorher entschieden, hier zu starten und war sehr überrascht, wie gut es lief. Als Einzelfahrerin war es sehr schwer, alles zu organisieren, vor allem wenn Start und Ziel auseinanderliegen, muss man flexibel sein. Aber ich hatte Unterstützung. Ich wollte Spaß haben und einfach das Beste herausholen. Im Ziel dachte ich erst, ok, das wars, du kannst nach Hause fahren, aber dann war es doch gut, dass ich gewartet habe.“
Katharina Fox war die eigentliche Überraschung dieser Meisterschaft. Sie geht im Gegensatz zu Kröger und Koppenburg ihrem Beruf als Lehrerin für Biologie und Geographie nach und ist eigentlich das, was man gemeinhin eine „Amateurin“ nennt. „Man muss sich seine Zeit gut einteilen, dann bliebt genug Zeit fürs Training“, erzählt sie in Bad Dürrheim bei der Pressekonferenz. 2022 gewann Fox die Bundesliga, aber bei internationalen Rennen ist sie noch nie in Erscheinung getreten.
Fox hatte sich auch noch vor drei Wochen bei einer Rundfahrt das Steißbein gebrochen. „Aber zur DM war ich wieder fit“, sagt sie. Wer die Doppelbelastung von Beruf und Radsport meistert, der steckt auch eine solche Verletzung weg. Auf die Frage, wo sie denn die Zeit eingebüßt habe, meine sie lächelnd: „In den Kurven und Abfahrten, ich krieche bergab.“ Letztlich war es nur ein Wimpernschlag, neun Zehntelsekunden, trennten sie von Gold.
Foto: Das Podium der Frauen: Katharina Fox, Mieke Kröger und Clara Koppenburg (von links). Foto: Hugger