Das Dauergrinsen beim BDR-Trainer und -Betreuerstab wollte kein Ende mehr nehmen. Und einer nach dem anderen haute Roger Kluge auf die Schulter. Der blieb wie immer ganz cool. Der Cottbuser hatte zwar gerade hauchdünn WM-Gold im olympischen Mehrkampf verpasst, durfte sich aber auch mit Silber als Sieger fühlen. Vor allem aber war der Bahnradsport großer Gewinner. In einem atemberaubenden Omnium-Finale waren nach sechs Disziplinen Titelverteidiger Fernando Gaviria Redon aus Kolumbien, Kluge und der Australier Glen O’Shea mit 191 Zählern punktgleich und sorgten für Mega-Spannung. Erst der letzte von 16 Sprints entschied über die Medaillen.
„Wir haben keinen zweiten Sportler in Deutschland, der so wie Roger Punkterennen fahren kann. Mit dem Druck, mit dem Überblick – unglaublich“, sagte Bundestrainer Sven Meyer auf dem Sieg zur Siegerehrung und dachte da noch, der Cottbuser habe „nur“ Bronze gewonnen. Kluge war als Sechster ins Rennen gegangen, schon mit einem ordentlichen Rückstand auf die Spitze. Mit zwei Rundengewinnen und kluger Fahrweise setzte sich der Profi aus dem Schweizer IAM-Team nach Wertung 15 sogar an die Spitze des Feldes. Im letzten Sprint lag Gaviria Redon knapp vor dem Cottbuser.
„Wäre der Zielstrich fünf Meter später gekommen, wäre ich noch an Redon vorbeigekommen“, sagte Kluge später und erntete in der Mixed-Zone einen anerkennenden Klapps vom britischen Superstar Mark Cavendish, der sich mit Platz sechs begnügen musste. „Ich bin glücklich über Silber, auch wenn am Ende nicht viel zum WM-Titel gefehlt hat. Das große Ziel kommt im Sommer“, sagte er weiter. Nach Platz vier im Omnium bei den Spielen vor vier Jahren will der inzwischen 30-Jährige im Sommer in Rio nochmals um eine Medaille fahren, nachdem er bei Olympia in Peking 2008 als Zweiter im Punktefahren schon auf dem Podest stand.
„Es scheint so, dass ich immer ein bisschen hinten dran bin. Irgendwann kommt mein Tag – ich hoffe am 15. August. Ich freue mich, wenn ich die Jungs bei Olympia wiedersehe. Da habe ich eine Rechnung offen. Das Ergebnis hier macht mir weiter Hoffnung“, so Kluge. Bundestrainer Sven Meyer, immer noch euphorisiert, kündigte deshalb schon mal an: „Wir kennen ja alle Roger: Der hat sich hier was aufgespart und kann bei Olympia auf jeden Fall noch einen draufsetzen.“ Nur so spannend muss er es nicht wieder machen.