„Darauf darf man sehr gespannt ein“, sagt Bundestrainer Dieter Maute. Die DM habe besonders eigene Gesetze – und unvorhersehbare Ausgänge, weil nach dem letzten Durchgang der Qualifikation manchmal die Spannung abfalle. Das heißt, die Vorrunde in Mainz entscheidet, wer nach Gent reist – danach werden in den Finals die Meistertrikots vergeben. Fix ist die Vergabe im Einer der Frauen. Die beiden Aufsteigerinnen Jana Pfann und Ramona Dandl sind nach Punkten quasi nicht mehr einzuholen und reisen (erstmals) zur WM nach Gent. Die noch amtierende Vizeweltmeisterin Lara Füller aber könnte sich mit dem schwarz-rot-goldenen Leibchen trösten. „Unter dem Strich haben wir in dieser Disziplin eine tolle Situation“, so der (Erfolgs-)Coach. Das treffe auf Spitze wie Breite zu.
Dito beim 1er Kunstradfahren der Herren. „Das Niveau ist unglaublich: fünf 200-Punkte-Ergebnisse bei den German Masters.“ Das sorge „langfristig“ für eine gute Entwicklung. Denn auch Dieter Maute weiß: nach der Super-WM 2023 in Glasgow/Schottland steht der große Umbruch bevor. Doch das ist ein Thema für übermorgen. In Mainz kann einer aus dem Trio Marcel Jüngling, Philipp-Thies Rapp (in seinem ersten Elite-Jahr!) und Max Maute den WM-Platz neben Dominator und Weltrekordler Lukas Kohl (216,40 Zähler Anfang September) ergattern.
In der Offenen Klasse konnten sich Serafin Schefold und Max Hanselmann sogar den Luxus eines Absteigers erlauben – in Sachen Schwierigkeit aber hat das Duo aus Öhringen weiter draufgesattelt und fährt in einer eigenen Liga. Nico Rüdiger/Lea-Victoria Styber (Silber 2021 in Stuttgart) kämpfen mit den Ex-Europameistern Nina Stapf und Patrick Tisch um Platz zwei im WM-Ranking. Im 2er der Frauen ist das Gespann für Flandern fix. Helen Vordermeier/Selina Marquart „mit ihrer Stabilität seit der WM“ (Maute) und Caroline Wurth/Sophie Wöhrle („haben ihr mentales Trauma überwunden“) werden sich einen prickelnden Kampf um das DM-Trikot liefern.
Im Radball gibt es keine Vorrunde, sondern volle Pulle der besten fünf deutschen Teams, die sich zuletzt bei den beiden Finale Five-Turnieren gegenüberstanden. Überraschender Fakt ist: die Stuttgart-Weltmeister Bernd und Gerhard Mlady belegen wieder die Pole-Position. Mit sieben Punkten Vorsprung auf ihre Dauerrivalen vom RV Stahlross Obernfeld (André und Rafael Kopp) – das sollte eigentlich reichen. Und dieses Verdikt, nachdem Gerd am dritten Bundesliga-Spieltag mit Wadenbeinbruch und Bänderschäden abtransportiert werden musste. Sein Cousin kämpfte sich mit Ersatz-Partnern durch die Bundesliga- und Pokal-Saison und hätte es sich „nie vorstellen können, dass es dennoch so gut ausging. Der Knackpunkt war wohl das Deutschlandpokal-Finale, vor dem ich mit Robert Mlady gerade viermal trainieren konnte.“ Das ungleiche Duo gewann trotzdem. Beim ersten Final 5 gab Gerhard sein Comeback. Körperlich logischerweise gehandicapt nach langer Pause, aber motiviert: der Punkte-Bonus der Franken, die in Mainz auch als DM-Titelverteidiger am Start stehen, stieg weiter.
„Meine Aufgabe bestand darin, die verschiedenen Partner auf der Fläche zu entlasten, längere Ballbesitze zu übernehmen, die Konzentration hochzuhalten,“ erläutert Bernd seinen Job. Und ausgerechnet in einer Phase, die das fränkische Duo eher als „entspannte“ Übergangs-Saison vorgesehen hatte: um ein paar Körner Kraft vor dem „Glasgow-Jahr“ mit völlig neuen Herausforderungen zu sparen. Alles kam anders, verkompliziert durch Corona-Erkrankungen der beiden Radball-Recken aus Stein.
Der kleine Streifzug durch die jüngste Kunstrad- und Radball-Geschichte zeigt: die Hallenrad-Spezies ist aus besonderem Holz geschnitzt. Fortsetzung nun bei der „Deutschen“ und der anschließenden WM – ein veritabler Kick für etwas Hype in der Öffentlichkeit.
Zeitplan und weitere Infos unter: http://dm-elite-2022.rv-rheinhessen.de/
Foto: Gerhard und Bernd Mlady sind die Favoriten im Kampf um den Deutschen Meistertitel im Radball. Foto: BDR
Steher-DM
In Berlin findet am Wochenende eine zweite Deutsche Meisterschaft statt. Die Steher tragen im Velodrom an der Landsberger Allee ihre Titelkämpfe aus. Vorjahressieger Christoph Schweizer fehlt wegen einer Corona-Erkrankung, so rückt der EM-Dritte, Daniel Hanisch mit Schrittmacher Peter Bäuerlein ganz nach oben in die Favoritenliste. Aber auch Robert Retschke mit Schrittmacher Holger Ehnert haben Titelchancen.