Erster Steher-Titel seit acht Jahren
Erfolgreicher Auftakt der Bahn-EM für den Bund Deutscher Radfahrer: Am ersten Tag gewann der Forster Stefan Schäfer den Titel bei den Stehern. Im Zeitfahren werden Pauline Grabosch und Eric Engler mit Silber dekoriert.
Es war kurz vor Mitternacht im Velodrom von Saint-Quentin-en-Yvelines, Stefan Schäfer aus Forst ballte die rechte Faust gen Hallendach und Zuschauertribüne und rollte triumphierend hinter seinem Schrittmacher Peter Bäuerlein über die Ziellinie. Erstmals seit 2008 durch den Leipziger Timo Scholz holte der 30-Jährige wieder den Europameistertitel der Steher nach Deutschland. Im Finale vor den Toren von Paris siegte der dreifache deutsche Meister nach 60 Minuten vor seinem rundengleichen Nationalmannschaftskollegen Franz Schiewer (Cottbus) mit Schrittmacher Gerhard Gessler. Platz drei und damit die Bronzemedaille ging an den Schweizer Giuseppe Atzeni. Der dreifache Europameister hatte acht Runden (!) Rückstand.
 
Schäfers Gruß galt vor allem Tochter Awa Sophie, bald zwei Jahre alt, die mit einem Teddybären im Arm, Nuckel und übergroßen pinken Kopfhörern zusammen mit Mutter Jana und Familie, Freunden sowie Sponsoren aus Forst und Cottbus das Rennen verfolgten. Mehr als ein Dutzend „Fans“ hatten sich am Dienstag via Flieger auf den Weg nach Paris gemacht, um Schäfer dort zu unterstützen – und dürften nach der Goldfahrt die lange Anreise nicht bereut haben. Eine große Sause fiel aber aus. „Bis ich hier fertig bin, pennen alle“, sagte Schäfer weit nach Mitternacht, der vor der Rückkehr ins Hotel erst noch zu obligatorischen Doping-Probe musste. Immerhin bleibt der Reisetross bis Montag zum Sightseeing an der Seine.
 
Schäfer, der sich als Vorlauf-Dritter für das Finale qualifiziert hatte, kontrollierte das Finale fast nach Belieben. „Das Rennen war hart, aber wir waren immer Herr der Lage“, sagte Schäfer, der sich dabei auf die langjährige Erfahrung von Peter Bäuerlein verlassen konnte. Der stand schon auf dem Motorrad beim letzten deutschen EM-Sieg. „Natürlich ist es eine Teamarbeit, aber Peter muss das Rennen im Blick haben und die Entscheidungen treffen“, sagte Schäfer, der sich auch auf die Unterstützung von Schiewer/Gessler und dem dritten deutschen Gespann Thomas Steger (Nürnberg)/Thomas Ruder verlassen konnte. „Wir haben super zusammen gearbeitet.“
 
Mit dem Sieg hat sich Schäfer einen sportlichen Traum erfüllt. „Ja, der Titel war ein lang ersehnter Wunsch“, gesteht der Polizeikommissar-Anwärter der Landespolizei Brandenburgs. 2013 war der gebürtige Forster eher aus einer Laune nach einer langen Nationalmannschafts-Karriere auf der Bahn in seiner Heimatstadt Forst zu den Stehern gewechselt. 2014 holte er gleich der deutschen Meistertitel und wurde Zweiter bei der Europameisterschaft in Forst. „Seit der EM 2014 war der Titel mein Ziel“, so Schäfer. Nachdem 2015 die EM ausfiel, musste das Mitglied von Endspurt 09 Cottbus bis Paris warten, um sich Gold und den wertvollsten Titel seiner Karriere zu sichern. Ist seine Laufbahn damit vollendet? „Ja, schon ein bisschen. Aber nicht beendet.“
 
Vor dem deutschen Doppel-Sieg bei den Stehern setzte Pauline Grabosch aus Erfurt bei ihrer ersten internationalen Meisterschaft in der Elite-Klasse ihre Erfolgsgeschichte fort. Die 18-Jährige, kürzlich erst zur „Juniorsportlerin des Jahres“ gekürt, fuhr in 34,318 Sekunden auf Platz zwei über 500 Meter und holte Silber. Die vierfache Junioren-Weltmeisterin musste sich in 34,318 Sekunden um nur 0,008 Sekunden der Russin Daria Shmelewa beugen. Die amtierende Weltmeisterin und Titelverteidigerin Anastasia Voinowa wurde in 34,483 Sekunden Dritte. „Ich freue mich riesig. Die Russinnen sind einfach stark. Eine hatte ich davon im Sack und zur Siegerin fehlte mir ein Wimpernschlag. Das sagen zu können, ist einfach überwältigend“, erklärte Grabosch.
 
Eric Engler aus Cottbus steigert über den Kilometer seine Flachland-Bestzeit auf 1:00,807 Minuten und wurde ebenfalls Zweiter. Schneller war nur Quentin Lafargue aus Frankreich, der in 1:00,685 für die erste Goldmedaille für die Gastgeber sorgte.  „Im ersten Moment war ich etwas traurig über Platz zwei. Inzwischen bin ich mit Silber und der Zeit sehr zufrieden“, sagte Engler. „Ich konnte dieses Jahr in Ruhe trainieren und so mein Leistungsniveau auf ein höheres Level bringen. Dazu kommt aber auch die Renneinteilung, die mir in Paris gut gelungen ist“, sagte der 25-Jährige. Marc Jurczyk aus Erfurt wurde in 1:01,985 Minuten guter Sechster. Zeitfahr-Weltmeister Joachim Eilers aus Chemnitz steigt erst kommende Woche bei den Sixdays in London in die Saison ein.

 

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