Die deutschen Teamsprinter

Der Teamsprint gehört zu den Paradesdisziplinen im BDR. Erst seit 1995 gehört der Mannschaftswettbewerb zum WM-Programm, bei den Frauen sogar erst seit 2008. Olympisches Edelmetall wurde erstmals bei den Männern in Sydney 2000 vergeben, bei den Frauen zwölf Jahre später in London.

Die deutschen Männer konnten bisher bei Weltmeisterschaften fünf Goldmedaillen, drei Silber- und acht Bronzemedaillen gewinnen. Bei den Olympischen Spielen waren es einmal Gold (2004) und zweimal Bronze (2008 und 2012). Kristina Vogel (Erfurt) und Miriam Welte (Kaiserlautern) jubelten bei der Olympiapremiere 2012 über die Goldmedaille, gewannen vier Jahre später in Rio Bronze.

Vogel/Welte prägten viele Jahre international den Teamsprint der Frauen. 2008, ein Jahr nach der WM-Premiere, gewann Miriam Welte bereits zusammen mit Dana Glöß die Bronzemedaille. Aber es dauerte vier Jahre, bis sie zusammen mit Kristina Vogel die WM-Bühne eroberte. Dreimal waren sie in Folge Weltmeister:  2012, 2013 und 2014. 2016 und 2017 holten sie Bronze und 2018 jubelten sie erneut über den WM-Titel, diesmal unterstützt von der gebürtigen Magdeburgerin Pauline Grabosch, die als ganz junge Fahrerin das Duo in ein Erfolgs-Trio verwandelte.

Obwohl die Quantität im Teamsprint nie üppig war, gelang es im Bund Deutscher Radfahrer immer wieder, junge Fahrerinnen zu integrieren, die sehr schnell an die Erfolge anknüpfen konnten. Als Kristina Vogel im Sommer 2018 schwer verunglückte und seitdem querschnittgelähmt ist, kam neben Pauline Grabosch die mehrfache Welt- und Europameisterin Emma Hinze aus Hildesheim ins Spiel. Sie gewann 2019 bei den Weltmeisterschaften im polnischen Pruszkow schon Bronze an der Seite von Miriam Welte, die zum Saisonende ihre Karriere beendete.

Zu Hinze und Grabosch stieß dann Lea Sophie Friedrich aus Dassow, ebenfalls mehrfache Junioren-Weltmeisterin. Dieses Trio feierte 2020 den WM-Sieg bei den Titelkämpfen im Berliner Velodrom und wird  ab 19. Oktober bei den Weltmeisterschaften in Roubaix in Frankreich eine wichtige Rolle spielen. Mit dabei ist dann auch Alessa-Catriona Pröpster (Jungenheim), die gestern in Grenchen gemeinsam mit Lea Sophie Friedrich und Pauline Grabosch ihre erste internationale Medaille in der Eliteklasse feiern durfte. Diese Drei gewannen bereits den Titel bei der U23-EM im letzten Jahr.

„Ich könnte nur heulen“, sagte die dreimalige Junioren-Weltmeisterin Alessa Pröpster nach dem Gewinn der Silbermedaille in Grenchen, wo das Trio die Erfolgsgeschichte im Teamsprint weiterschrieb. Seit 2010 gibt es Europameisterschaften in der Eliteklasse. Nur 2012 gab es keine Medaille, weil der Teamsprint nicht besetzt wurde, und auch 2020 nicht. In Bulgarien fehlte die komplette deutsche Mannschaft wegen der Corona-Pandemie.

Gestern gab es die sechste Silbermedaille zu feiern, dreimal holten die deutschen Frauen Bronze, nur 2016 mussten sie mit Platz sieben zufrieden sein.

Bei den Männern ist die Erfolgsbilanz noch beeindruckender: Bei zwölf Europameisterschaften gab es fünfmal Gold, einmal Silber und dreimal Bronze. 2019 verpasste das Trio als Vierter knapp das Podium. In Grenchen reichte es gestern nur zu Platz sechs. „Anton Höhne und Nik Schröter haben im Halbfinale überzeugt, Marc Jurczyk hat leider einen schlechten Tag erwischt,“ sagte U23-Bundestrainer Carsten Bergemann nach dem Wettbewerb.

Die Männer sind noch immer Weltklasse, aber zur absoluten Spitze zählen sie derzeit nicht. Nach dem Karriereende von Maximilian Levy (Cottbus) und Eric Engler (Cottbus) befindet sich auch der Teamsprint im Umbruch, um künftig wieder in die Medaillenränge fahren zu können.

Bei den Frauen hat der Generationswechsel bereits stattgefunden. Denn hinter dem erfolgreichen Quartett um Emma Hinze, Lea Sophie Friedrich, Pauline Grabosch und Alessa-Catriona Pröpster stehen schon weitere hoffnungsvolle Nachwuchsfahrerinnen bereit: Die Hamburgerin Katharina Albers und Christina Sperlich aus Kölleda sind da zu nennen, die 2019 zusammen mit Pröpster die Silbermedaille im Teamsprint bei der Junioren-WM gewannen.

Aus der Juniorenklasse klopft bereits Clara Schneider aus Finsterwalde an. Die 17-Jährige konnte in ihrem ersten Juniorenjahr schon drei Silbermedaillen bei der J-WM in Kairo feiern: Im Teamsprint, Keirin und 500-m-Zeitfahren war die jeweils Zweite. Und auch die Erfurterin Lara-Sophie Jäger möchte es ganz nach oben schaffen.

Da der Teamsprint der Frauen seit letztem Jahr mit drei statt bis dahin nur zwei Sportlerinnen bestritten wird, ist es wichtig, die Basis zu verbreitern. Schon bei der EM, die noch bis Samstag in Grenchen stattfindet, wurden von einigen Nationen vier Sportlerinnen im Turnier eingesetzt, Qualifikation und Zwischenläufe waren dann unterschiedlich besetzt. Das deutsche Trio fuhr alle Läufe mit der gleichen Besetzung: Alessa Pröpster stets an Position drei, Friedrich und Grabosch wechselnd auf eins und zwei. Und durften über Silber hinter den Niederlanden jubeln.

„Ich freue mich mega über die Silbermedaille und hätte nicht gedacht, dass wir so weit kommen“, gab Friedrich nach der Siegerehrung zu.

Die Erweiterung auf drei Sportlerinnen ist eine Umstellung: „Es ist schon ein Unterschied, ob wir 33 oder 46 Sekunden unterwegs sind,“ sagt Pauline Grabosch. „Wir müssen noch lernen, zu dritt zu fahren.“ Die dritte Fahrerin ist am längsten unterwegs, darum wird im Teamsprint der Frauen bis zur WM auch noch einiges ausprobiert. „Wir wollen aus jeder Position das beste herausholen,“ sagt Grabosch.

In Roubaix stößt Emma Hinz dazu. Dann können vier absolute Weltklasse-Sprinterinnen eingesetzt werden. Auch wenn sie im Vorfeld keine Prognosen abgeben wollen: Das Ziel in Roubaix ist ganz klar eine Medaille.

 

 

Friedrich gewinnt Quali

Lea Sophie Friedrich hat heute Vormittag die Qualifikation der Sprinterinnen klar für sich entschieden. Sie fuhr 10,464 Sekunden und war damit 23 Hundertstel schneller als die Französin Mathilde Gros. Pauline Gabosch fuhr mit 10,785 Sekunden auf Platz acht.

 

Bild: Alessa Pröpster, Pauline Grabosch, Lea Friedrich (von links).  Foto nur im Rahmen dieser Berichterstattung kostenfrei.

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