Für Brenner, der in der vergangenen Woche schon in der Tour de Suisse begeisterte und unter die Top-20 fuhr, war es einer der größten Erfolge seiner Laufbahn. Als Juniorenfahrer war Brenner schon Weltklasse, war EM-Zweiter im Zeitfahren, Deutscher Meister. Dann übersprang er die Kategorie U23 und wechselte gleich zum WorldTour-Team DSM, wo er keine leichten Jahre hatte. Seit diesem Jahr startet er für das Schweizer Team Tudor Pro Cycling und fährt eine sehr starke Saison, die er heute mit dem nationalen Meistertitel krönte.
55 Sekunden hinter Brenner fuhr Florian Lipowitz vom deutschen Rennstall Bora-hansgrohe als Zweiter über den Zielstrich. Bora war mit acht Fahrern die zahlenmäßig stärkste Mannschaft bei diesen Meisterschaften, konnte aber den Triumph Brenners nicht verhindern. Dahinter folgte Kim Heiduk (Ineos Grenadiers), der im Sprint um Platz drei zweieinhalb Minuten später Lipowitz`Teamkollegen Ben Zwiehoff distanzierte. Fünfter wurde Tim Torn Teutenberg ((Lidl Treck Future Racing).
Bereits im ersten Renndrittel bestimmten diese Fünf das Renngeschehen. Da ahnte noch niemand, dass sie den Meister unter sich ausmachen würden. Doch die Fünf bauten ihren Vorsprung stetig aus und verdarben den Top-Favoriten dieser Meisterschaft die Show.
In der Verfolgung zeigten sich in der ersten Rennhälfte Nils Politt (UAE Team Emirates) , Georg Zimmermann (Intermarché Wanty) und Jonas Rutsch (EF Education First), die ohne Teamunterstützung als Einzelstarter ins Rennen gegangen waren, sehr offensiv. Politt konnte schließlich beim Anstieg nach Aasen eine kleine Lücke zum Feld reißen lassen, nur Zimmermann und Max Schachmann vom mit acht Fahrern zahlenmäßig am stärksten vertretenen Team konnten folgen, aber wenig später schloss auch der Rest des Feldes wieder auf.
Dann probierte es Jonas Rutsch, mit ihm setzen sich Felix Engelhardt (Jayco Alula), Georg Zimmermann, Juri Hollmann (Alpecin-Deceuninck) und Jonas Koch (Bora-hansgrohe) ab. Nico Denz (Bora-hansgrohe) versuchte aufzuschließen, scheiterte allerdings. Und auch die Fünf schafften es nicht nach vorn, nur Hollmann und Koch konnten sich vorn weiter behaupten, später schlossen Rutsch und Marus Mayrhofer (Tudor Pro Cycling) auf.
Am Anstieg nach Aasen, knapp 55 Kilometer vor dem Ziel, versuchte es Marco Brenner allein, doch in der Abfahrt schlossen seine vier Mitstreiter wieder auf. Während der Vorsprung der Ausreißer auf fast fünf Minuten anwuchs, hatte im Feld das Ausscheidungsfahren längt begonnen. In einer weiteren Gruppe kämpften Nils Politt und Simon Geschke verzweifelt, den Abstand nach vorn zu verringern, fielen aber auch wieder zurück.
Hinter den fünf Ausreißern fuhren im Finale nur noch Jonas Rutsch, Jonas Koch und Marius Mayrhofer in der direkten Verfolgung, dahinter lagen mit Denz, Emil Herzog und Max Schachmann drei weitere Bora-Fahrer, sowie Simon Geschke und Juri Hollmann weitere fünf Fahrer in der zweiten Verfolgergruppe. Chancen auf einen Podestplatz hatte niemand von ihnen mehr.
An der Spitze begannen in der letzten Rennstunde spannende Positionskämpfe. Schließlich setzte sich Florian Lipowitz allein an die Spitze, während sein Teamkollege Ben Zwiehoff die Konkurrenz in Schach hielt. Marco Brenner gelang trotzdem der Anschluss an Lipowitz, dagegen musste Tim Teutenberg im ungünstigsten Moment einen Defekt beheben und fiel zurück.
Das Spitzentrio baute, vornehmlich unter der Führungsarbeit von Marco Brenner, seinen Vorsprung uneinholbar aus, und am letzten Anstieg nach Aasen setzte Brenner alles auf eine Karte und fuhr unwiderstehlich davon.
Pepe Albrecht überrascht Titelverteidiger Paul Fietzke
Pepe Albrecht (Junior Schwalbe Team Sachsen) ist neuer deutscher Meister der Junioren. Der Nachwuchsfahrer war im Spurt einer dreiköpfigen Spitzengruppe um zwei Radlängen schneller als Titelverteidiger Paul Fietzke (Team Grenke Auto Eder). Dritter wurde Benedikt Benz (LV Baden).
„Ich habe im Sprint die ganze Zeit nach unten geguckt, ob sie vorbeiziehen und war sehr überrascht, dass keiner mehr kam,“ freute sich Albrecht, der im Winter auch Crossrennen bestreitet. „Ich habe in der letzten Runde etwas ruhiger gemacht, und freue ich sehr über den Titel.“
Der Zweitplatzierte, Paul Fietzke, konnte sich dagegen nicht über die Silbermedaille freuen. Von Beginn an diktierte er das Rennen, initiierte bereits in der ersten Runde eine größere Spitzengruppe um die späteren Medaillengewinner und war der aktivste Fahrer im Rennen. Immer wieder drückte er aufs Tempo, immer wieder hing die Konkurrenz am Hinterrad. Aber Fietzke schaffte es immerhin, die Spitzengruppe nach und nach zu verkleinern. Es macht keinen Spaß, wenn immer alle gegen dich fahren. In den letzten zwei Runden hatte ich noch Krämpfe, und im Sprint dann mehr auf Benedikt Benz geachtet,“ ärgerte sich Fietzke, dass ihm die erfolgreiche Titelverteidigung nicht gelungen war. Bei der Zeitfahr-DM vor einer Woch war Fietzke Dritter geworden.
Der Drittplazierte des Straßenrennens in Bad Dürrheim, Benz, meinte im Ziel: „Wir haben uns auf den letzten zwei Kilometern nur angeguckt, keiner ist mehr wirklich gefahren. Wir konnten auch taktieren, weil der Vorsprung groß genug war. Für Benz war es in diesem Jahr die zweite DM-Medaille. Erst vor einer Woche war er Dritter der Zeitfahrmeisterschaften der U19.
Hinter dem Spitzentrio fuhr Ian Kings ( JEGG-DJR Academy (Junior), vor einer Woche Deutscher Zeitfahrmeister der U19 geworden, mit 22 Sekunden Rückstand auf den undankbaren vierten Platz. Er gehörte, wie die Medaillengewinner, zu einer größeren Spitzengruppe, die nach und nach kleiner wurde, und am Ende nur noch die drei Ersten vorn sah.