„Wir legen sehr viel Wert auf die Nachwuchsförderung, denn das sind unsere Aushängeschilder in der Zukunft,“ sagt der für den Nachwuchs zuständige BDR-Vize-Präsident Toni Kirsch. Der Verband hat unlängst ein neues Konzept der Talentförderung verabschiedet. „Mit Hilfe der Vereine und Landesverbände wollen wir den Nachwuchs noch gezielter fördern,“sagt Kirsch.
Regelmäßige Sichtungsrennen in allen Teilen der Bundesrepublik machen Bundes- und Landestrainer schon früh auf neue Talente aufmerksam. Sie werden dann zunächst in Landes- später in Bundeskadern trainiert. Eine wichtige Fördermaßnahme ist die Müller – die Lila Logistik Rad-Bundesliga, eine Rennserie, bei der sich neben Männern, die vornehmlich zur Altersklasse der U23 gehören, und Frauen auch die Junioren und Juniorinnen in ausgewählten deutschen Rennen miteinander messen können. Am 1. Mai in Frankfurt stehen die Junioren wieder am Start, die U23 kämpft am 10. Mai in der Erzgebirgsrundfahrt in Chemnitz erstmals in dieser Saison um Punkte.
Internationale Erfahrungen sammelt der Radsport-Nachwuchs im Juniorenalter. Der Weltradsportverband UCI schuf dafür den Nationscup, der sogar eine Junioren-Ausgabe von Paris-Roubaix beinhaltet, die in diesem Jahr der Niederländer Bram Welten gewann. Zwischen Mai und September stehen sieben Etappenrennen im Terminkalender von Bundestrainer Wolfgang Ruser (Magstadt).
Letztes Jahr konnten Deutschlands Junioren zwei Mal groß auftrumpfen: Bei den Straßenweltmeisterschaften in Ponferrada in Spanien gab es zwei Goldmedaillen durch Jonas Bokeloh (Straßenrennen) und Lennard Kämna (Einzelzeitfahren). Beide Sportler sind mit der neuen Saison altersbedingt in die nächst höhere Rennklasse der U23 gewechselt. Kämna fährt für das erfolgreiche deutsche Continental Team Stölting, Bokeloh für die niederländische Mannschaft SEG-Racing.
In dieser Altersklasse zeigt sich, wer die Klasse hat, einmal ein erfolgreicher Profi zu werden. BDR-Sportdirektor Patrick Moster war früher Trainer der Junioren und später der U23 und hat die Karriere des John Degenkolb viele Jahre begleitet und erkannte früh, was in dem jungen Rennfahrer steckte. Bereits bei seiner ersten U23-WM ließ er Degenkolb freie Hand und er wurde Dritter. Zwei Jahre später gewann er noch einmal die WM-Silbermedaille im Straßenrennen der U23, bevor er zu den Profis wechselte.
Nicht jede Generation, nicht jeder Jahrgang birgt solche Ausnahmetalente wie es John Degenkolb und auch der ein Jahr ältere Marcel Kittel oder Zeitfahr-Spezialist Tony Martin sind. Sinkende Geburtenzahlen und ein vielfach höheres Freizeitangebot machen es den Sportverbänden nicht leicht, Sportlerinnen und Sportler für ihre Sportart zu gewinnen.
Bundestrainer Ralf Grabsch ist für den U23-Kader im Bund Deutscher Radfahrer verantwortlich. Der ehemalige Radprofi blickt bereits auf einige internationale Einsätze in diesem Jahr zurück und kann ein positives Zwischenfazit ziehen: „Wir sind bei allen drei Veranstaltungen als Mannschaft extrem stark aufgetreten“, sagt Grabsch. „Man konnte bei den einzelnen Athleten deutlich erkennen, dass sie sich weiterentwickelt haben“, so Grabsch und nennt Jan Dieteren als Beispiel. „In ihm sehe ich einen neuen starken Eintagesfahrer heranreifen. Wenn die Saison optimal verläuft, könnte Dieteren bei den Weltmeisterschaften im September in den USA um eine Medaille mitkämpfen. John Degenkolb hat es ihm vorgemacht. Weitere Talente werden folgen. Der deutsche Radsport hat eine gute Zukunft.