Degenkolb Kapitän der deutschen WM-Mannschaft

Die norwegische Stadt Bergen ist vom 17. bis 24.September Gastgeber der Straßen-Weltmeisterschaften. Im letzten Jahr in der Wüste von Doha feierte der BDR zwei Goldmedaillen (Tony Martin, Zeitfahren Elite/Marco Mathis, Zeitfahren U23) und  drei Silbermedaillen (Max Schachmann Zeitfahren U23, Pascal Ackermann Straßenrennen U23 und Niklas Märkl Straßenrennen Junioren). Diese Bilanz zu toppen wird schwer. Trotzdem:  "Wir gehen mit einigen Medaillenchancen in diese Weltmeisterschaft", sagt BDR-Vize-Präsident Udo Sprenger.

Auf die anspruchsvolle Strecke, die einem Klassikerparcours sehr ähnlich ist, wird John Degenkolb im Eliterennen der Männer als Kapitän ins Rennen gehen. Trotz seines krankheitsbedingten frühen Ausscheidens in der Vuelta vertraut die Teamleitung auf seine Fähigkeiten. „Degenkolb hat in den letzten Wochen ein gutes Alternativprogramm gefahren und er hat einen starken Willen. Ich bin überzeugt, dass er eine Rolle im Kampf um die Medaillen spielen kann“, sagt Ex-Profi Andreas Klier, einer der Sportlichen Leiter der deutschen Profimannschaft.

Degenkolb werden tempoharte Fahrer zur Seite gestellt, die Ausreißergruppen zurückholen, Konkurrenten bewachen und ihn optimal ins Finale führen sollen. Dazu gehören der Deutsche Straßenmeister Marcus Burghardt genauso wie Nikias Arndt, Tony Martin oder Simon Geschke.

Mit Ausnahme der Zeitfahrer wird die Mannschaft erst sehr spät in Norwegen anreisen. „Ich nutze den Donnerstag lieber noch zu Hause als Trainingstag“, sagt Degenkolb, der voll motiviert in den hohen Norden reist.

Für Degenkolb verlief  die Saison nicht optimal, denn der große Sieg im Frühjahr blieb ihm verwehrt und auch bei der Tour holte er keinen Etappensieg. Trotzdem ist er ein aussichtsreicher Medaillen-Kandidat für Bergen, denn er kann sich auf den Punkt vorbereiten. „Ich bin hoch motiviert“, sagt der 28-Jährige, der in dieser Woche die Dänemark-Rundfahrt als letzten WM-Test bestreitet. 

Degenkolb kennt das Gefühl, bei Weltmeisterschaften auf dem Podium zu stehen: 2008 wurde er in Varese in seinem ersten U23-Jahr WM-Dritter, 2010 in Geelong hinter Michael Mathews Zweiter im U23-Straßenrennen.

Bis heute konnte Deutschland nur zwei Profi-Weltmeister feiern: 1952 gewann der Villinger Heinz Müller in Luxemburg, 1966 Rudi Altig auf dem Nürburgring. Die letzte Elite-Medaille liegt auch schon sechs Jahre zurück: 2011 gewann André Greipel in Kopenhagen Bronze.

Die Mannschaft muss vor allem die Norweger im Auge behalten, die als Lokalmatadoren ins Rennen gehen und mit dem frischgebackenen Europameister Alexander Kristoff und mit Edwald Boasson-Hagen gleich zwei heiße Favoriten ins Rennen schicken. Aber auch Klassikerspezialisten wie die Belgier Greg van Avermaet oder Philippe Gilbert  werden ihr Können ausspielen. Und schließlich brennt Peter Sagan darauf, seinen dritten Titel in Folge zu gewinnen.

Gefürchteter Regen
219,1 Kilometer lang ist die Runde. Die Schlüsselstelle des WM-Parcours: ein 600 Meter langes Pflasterstück. Es beginnt nach einer Linkskurve, die von der Gegenfahrbahn durch eine Betonabsperrung getrennt ist. Wenn hier das komplette Peloton reinhält, ist die Sturzgefahr – vor allem bei Regen – groß. Ansonsten erwarten die WM-Teilnehmer breite Straßen und eine langgezogene Steigung (nach 7,5 Kilometern), hinauf zum Salmon Hill. Es ist dennoch ein Rollerkurs mit einigen technischen Kniffen – ein Sprintfinale ist möglich, denn die Zielgerade ist lang und gut einsehbar. „Aber,“ das glaubt BDR-Coach Andreas Klier, „aufgrund der Witterung wird es ein Ausscheidungsfahren.“

Die Profis und Junioren starten 40 Kilometer vor den Toren Bergens in Grieghallen, bevor es auf die Runde geht, die zwölf Mal gefahren werden muss. U23, Frauen und Juniorinnen tragen ihren Meisterschaftskampf ausschließlich auf der Runde aus.

Bei den Frauen setzt der BDR auf die bewährte Mannschaft um Lisa Brennauer und Trixi Worrack, die mit Lisa Klein  um einen weiteren Joker ergänzt wurde. Brennauer hat gerade erst einen Etappensieg in der Boels Ladies Tour gewonnen; Lisa Klein gewann den Prolog der Toskana-Rundfahrt. Brennauer und Trixi Worrack werden in den Kampf gegen die Uhr geschickt. Die deutsche Zeitfahrmeisterin träumt noch einmal von einer Medaille, um ihre lange und erfolgreiche Karriere zur krönen. Seit 1998 hat sie an jeder Weltmeisterschaft teilgenommen –  das ist einmalig im Weltradsport.  Für Worack ist es  die 20. WM in Folge.

In der Klasse U23  wird der erfahrene Lennard Kämna die Kapitänsbinde tragen. In diesem Jahr dürfen auch erstmals U23-Fahrer mit einem WorldTour-Vertrag starten.  Da Kämna das Teamzeitfahren für Sunweb am Sonntag bestreitet, ist er für das nur einen Tag später stattfindende Einzelzeitfahren nur als Ersatzfahrer vorgesehen, weil dies eine zu große Doppelbeastung wäre.  Patrick Haller und Julian Braun werden im Zeitfahren an den Start gehen.
 

Bergiges Zeitfahren
Das Zeitfahren der Männer ist nur 31 Kilometer lang und damit das kürzeste der letzten Jahre. Titelverteidiger Tony Martin gefällt das nicht, er mag lieber Strecken mit einer Länge von mehr als 40 Kilometern. Noch weniger gefallen dürfte dem vierfachen Champion der 3,4 Kilometer lange Schlussanstieg, eine serpentinartige Steigung hinauf zum Mount Floyen.  Die Veranstalter kalkulieren sogar damit, dass die Profis ihre Räder für den letzten Anstieg wechseln, von der Zeitfahrmaschine auf das normale Rennrad umsteigen und damit für „spektakuläre TV-Bilder“ sorgen, wie es in einer Presserklärung  des WM-Veranstalters heißt. Top-Favorit im Kampf gegen die Uhr ist der Niederländer Tom Dumoulin, dem diese Streckenführung sehr entgegenkommen dürfte. Wenn Chris Froome startet, wird er der große Rivale des Niederländers sein.

Titelverteidiger Tony Martin geht  mit weniger Druck in die Zeitfahr-Entscheidung, weil seine Chancen auf einen weiteren WM-Titel bei dieser Streckenführung  eher gering sind. „Ich bin motiviert, und freue mich auf die WM, vor allem, weil sie in Norwegen stattfindet, und ich schöne Kindheitserinnerungen mit diesem Land verbinde, aber mein Kurs ist das nicht,“ gibt Martin zu, räumt aber ein im Training „doch die eine oder andere Steigung mehr gefahren zu sein, als sonst.“ 

Weit höher steht bei Martin in diesem Jahr das Mannschaftszeitfahren im Kurs. „Darauf richte ich diesmal meinen Fokus. Es soll auch eine Generalprobe für 2018 sein, wo wir mit unseren Neuzugängen ganz vorn mitfahren möchten“, sagt der 32-Jährige.

Alle Zeitfahrer, auch die Nachwuchsklassen und die Frauen, erwartet ein technisch anspruchsvoller Kurs, ebenfalls gespickt mit einer Kopfsteinpflaster-Passage. Allerdings müssen die Frauen zum Schluss nur 1,5 Kilometer klettern, ehe sie das Ziel erreichen. Und bei ihnen ist bereits nach 21,1 Kilometern Schluss, genau wie für Junioren und U23.

Prognosen in den Nachwuchsklassen zu stellen gestaltet sich wie immer schwierig. Der Deutsche Zeitfahrmeister Leon Heinschke ließ jüngst als Gesamtzweiter  einer italienischen Etappenfahrt aufhorchen. In Top-Form fährt auch Niklas Märkl, schon 2016 in Doha Silbermedaillengewinner. Auf ihm ruhen die Hoffnungen im deutschen Team.

Bei den Juniorinnen hofft Hannah Ludwig wieder auf eine Top-Platzierung. Bei der Straßen-EM belegte die Gesamtsiegerin der Bundesliga Rang fünf. Ihre Teamkollegin Ricarda Bauernfeind will im Straßenrennen  ebenso überzeugen wie Franziska Koch, die gerade erst von der MTB-WM zurückgekehrt ist und dort einen fünften Platz belegte.

 

WM-Zeitplan

    Sonntag, 17. September 2017
12:05 – 13:55 Uhr – Mannschaftszeitfahren Elite Frauen  42,5 km
15:35 – 17:25 Uhr – Mannschaftszeitfahren Elite Männer  42,5 km   
    Montag, 18. September 2017
10:35 – 11:50 Uhr – Einzelzeitfahren Juniorinnen  16,1 km
13:05 – 17:35 Uhr – Einzelzeitfahren Männer U23  21,1 km
    Dienstag, 19. September 2017
11:35 – 13:30 Uhr – Einzelzeitfahren Junioren   21,1 km
15:55 – 17:15 Uhr – Einzelzeitfahren Elite Frauen  21,1 km
    Mittwoch, 20. September 2017
13:05 – 17:45 Uhr – Einzelzeitfahren Elite Männer  31,0 km
    Donnerstag, 21. September 2017: Keine Wettkämpfe
    Freitag, 22. September 2017
10:05 – 12:15 Uhr –  Straßenrennen Juniorinnen (4 Runden)   76,4 km
17:55 – 18:25 Uhr – Straßenrennen U23 (10 Runden) 191,0 km 
    Samstag, 23. September 2017
09:30 -12:45 Uhr  –  Straßenrennen Junioren (5 R plus 40 km)  135,5 km
13:15 – 17:15 Uhr –  Straßenrennen Elite Frauen (8 Runden  ) 152,8 km
    Sonntag, 24. September 2017
10:05 – 16:50 Uhr –  Straßenrennen Elite M (12 R plus 40 km) 276,5 m

Die WM im TV
Das ZDF überträgt alle Rennen der Eliteklasse:

So 17.9. Mannschaftszeitfahren im Rahmen der Sportreportage – 17:10-18:00
Di 19.9.  Einzelzeitfahren Frauen im live-stream www.zdf.de   –      16:05–17:35
Mi 20.9. Einzelzeitfahren Männer  LIVE im TV ZDF Sport Extra –      17:10-18:00
Sa 23.9. Straßenrennen Frauen im live-stream www.zdf.de  –        15:35-17:35
So 24.9. Straßenrennen Männer im live-stream www.zdf.de  –        15:10-17:10 
Wegen der Wahlberichterstattung entfallen die Sportsendungen im TV

 

Eurosport überträgt alle Rennen:

So 17.9. Mannschaftszeitfahren Frauen    –   12:00 – 14:00 Uhr
              Mannschaftszeitfahren Männer   –     15:30  – 17:30 Uhr
Mo18.9. Einzelzeitfahren U23                   –      13:30 – 18:00 Uhr
Di 19.9. Einzelzeitfahren Junioren              –   11:30 – 13:30 Uhr
                Einzelzeitfahren Frauen (Euro 2)  – 15:00 – 16:30 Uhr 
Mi 20.9  Einzelzeitfahren Männer (live)   –       13:00 – 18:00 Uhr
Fr 22.9.   Straßenrennen Juniorinnen    –        11:30 – 12:45 Uhr 
                Straßenrennen U23 (E2)  –                14:00 – 18:00 Uhr
Sa 23.09.  Straßenrennen Junioren –              11:30 – 12:55 Uhr
                 Straßenrennen Frauen (E 2)  –         15:00 – 17:45 Uhr        
So 24.9. Straßenrennen Elite Männer (live) – 15:00 – 17:15 Uhr

Neben den Sendungen bei Eurosport wird auch Eurosport Player im Netz live übertragen.
  

Das WM-Team des BDR

Elite Männer
Zeitfahren:
Nikias Arndt (Team Sunweb/18.11.1991 in Buchholz)
Tony Martin (Team Katusha-Alpecin/ 23.04. 1985 in Cottbus)
Jasha Sütterlin (Team Movistar/ 04.11.1992 in Freiburg

Anmerkung: Tony Martin hat als Titelverteidiger ein persönliches Startrecht, darum kann der BDR drei Fahrer in den Wettbewerb schicken.

Straßenrennen (9 Startplätze):
Nikias Arndt (Team Sunweb/18.11.1991 in Buchholz)
Marcus Burghardt (Team Bora-hansgrohe/30.06. 1983  in Zschopau)
John Degenkolb (Trek Segafredo/07.01. 1989  in Gera)
Simon Geschke (Team Sunweb /13.03. 1986 in Berlin)
Tony Martin (Team Katusha-Alpecin/ 23.04. 1985 in Cottbus)
Paul Martens ( Team Lotto-NL Jumbo/ 26.10. 1983 in  Rostock)
Nils Politt (Team Katusha-Alpecin/03.06.1994 in Hürth) 
Jasha Sütterlin  (Team Movistar /04.11.1992 in Freiburg)
Rick Zabel (Team Katusha-Alpecin/ 07. 12. 1993  in Unna)

Elite Frauen
Zeitfahren:
Lisa Brennauer (Canyon SRAM Racing/08.06.1988 in Kempten)
Trixi Worrack (Canyon SRAM Team/ 28.09.1981 in Cottbus)

Straßenrennen (6 Startplätze):
Charlotte Becker (Team Hitec Products/19.05.1983 in Datteln)
Lisa Brennauer (Canyon SRAM Racing/08.06.1988 in Kempten)
Romy Kasper (Alé Cipollini/05.05. 1988  in Forst)
Lisa Klein (Cervelo Bigla Pro Cycling Team/ 15.07.1996 in Saarbrücken)
Claudia Lichtenberg (Wiggle High5/ 17.11.1985 in München)
Trixi Worrack (Canyon SRAM Racing/ 28.09.1981 in Cottbus)

U23 Männer
Zeitfahren:
Julian Braun (Team Lotto-Kern Haus/27.09.1995 in Altenkirchen)
Patrick Haller (rad-net ROSE Team/09.07.1997 in Ingolstadt)

Straßenrennen (5 Startplätze):
Patrick Haller (rad-net ROSE Team/09.07.1997 in Ingolstadt)
Lennard Kämna (Team Sunweb / 09.09.1996  in Wedel)
Max Kanter (Team Sunweb Development/ 22.10.1997 in Cottbus)
Florian Nowak (Hermann Radteam/ 26. 01.1995 in Garmisch-P.)
Johannes Schinnagel (Team Felbermayr Simplon Wels/ 29.05.1996 in  Rothenburg ob der Tauber)

Junioren
Zeitfahren:
Leon Heinschke ( Frankfurter RC 90/ 08.11.1999 in  Frankfurt/Oder)
Juri Hollmann ( RSC Cottbus/ 30.08.1999 in Berlin)

Straßenrennen (6 Startplätze):
Felix Engelhardt  (RSC Kempten/ 19.08.2000 in Ulm)
Leon Heinschke ( Frankfurter RC 90/ 08.11.1999 in  Frankfurt/Oder)
Juri Hollmann ( RSC Cottbus/ 30.08.1999 in Berlin)
Jakob Geßner (RSC Turbine Erfurt/ 01.02.2000 in Erfurt)
Niklas Märkl (RSC Linden / 03.03.1999 in  Birkenfeld)
Marius Mayrhofer  (RSC Linden/  18.09.2000 in Tübingen)

Juniorinnen
Zeitfahren:
Hannah Ludwig (RSV Stahlroß Wittlich/15.2.2000 in Heidelberg)
Lea Lin Teutenberg (RFC Lexxi Speedbike/ 2.7.1999 in Mettmann)

Straßenrennen (4 Startplätze):
Ricarda Bauernfeind (RSG Ansbach/1.4.2000 in Ingolstadt)
Katharina Hechler (RSV Oberhausen/ 10.3.2000 in  Speyer)
Franziska Koch (RSV Unna/13.7.2000 in Mettmann)
Hannah Ludwig (RSV Stahlroß Wittlich/15.2.2000 in Heidelberg)
Lea Lin Teutenberg (RFC Lexxi Speedbike/ 2.7.1999 in Mettmann)

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