BMX Freestyler rüsten für Olympia

In dieser Woche feiert die „Uran Cycling Weltmeisterschaft“ Premiere. Die UCI richtet erstmals einen gemeinsamen Event für die Randsportarten MTB-Eliminator, Trial und  BMX-Freestyle aus. Der BDR reist mit 29 Athletinnen und Athleten nach Chengdu in China.

Eine Minute Konzentration pur:  Gewagte Sprünge und Drehungen auf dem Rampenparcours, spielerisch leicht aussehend, dabei von höchster Perfektion und doch bisher ohne festes Regelwerk: Das ist die neue Olympische Sportart BMX Freestyle Park, in der am kommenden Sonntag (12. November) in Chengdu in China um WM-Medaillen gefightet wird. Früher hat dies nur einige wenige Insider interessiert, durch die Zugehörigkeit in den erlauchten Kreis der Olympischen Disziplinen ist die Aufmerksamkeit gestiegen.

Das, was diese Sportart ausmacht, trägt sie schon in ihrem Namen: Freestyle: Sportler, die das ausüben, besaßen noch bis vor einigen Jahren keine Lizenzen, gehören in den seltensten Fällen Vereinen an, kannten kein festes Regelwerk. Das hat sich geändert. Wer sich auf internationalem Terrain bewegt, der löst auch zu Beginn des Jahres eine Lizenz.

Ein Helm schützt ihren Kopf, wenn sie über die Rampen springen, ansonsten gibt es nur Knie-und Ellenbogenschutz,  die Athletinnen und Athleten tragen meist nur T-Shirt und lockere Hose. Eine gewachsene Trainerstruktur gab es lange nicht. Für den BDR wird künftig Tobias Wicke die BMX-Freestyler betreuen und am Können der Athleten feilen.

Das Wort Training meiden die Athletinnen und Athleten übrigens, sie fahren Rad, drei bis fünf Stunden täglich, und nennen es „Spaß haben“. Dabei verlangen ihre Übungen und Tricks höchste Konzentration und Geschicklichkeit. Anders als beispielsweise im Hallenradsport reicht man vor den Wettkämpfen keine Punkte ein, bewertet wird die am Wettkampftag ausgeübte Darbietung. Sie nennen es „Contest“, die Wettkampfrichter heißen „Judges“, alles  wird in englischer Sprache vermittelt. Deutsche Begriffe meidet auch die Freestyle-Szene hierzulande.

Es ist eine junge Sportart, existiert seit 20 Jahren in verschiedenen Ländern und wird von Fahrern aus den USA und Australien dominiert. Aber Europa zieht nach. Seit 2014 gibt es Weltcups, die Szene wächst. Strukturen und Regeln entstehen. Das ist notwendig, wenn man künftig vom DOSB und damit vom Bund gefördert wird und ein Olympiaticket lösen will. Der Bund Deutscher Radfahrer hat dafür Jens Werner als BMX-Freestyle-Koordiantor an seiner Seite.  „Die Sportler wollen eigentlich keine Zwänge, keine Regeln,  sie sind Individualisten. Ich versuche da zu vermitteln“, sagt Werner, der die Zusammenarbeit mit dem Verband sehr positiv bewertet. „Man geht sehr auf unsere Bedürfnisse ein, lässt uns viel Freiraum.“

Der Berliner ist seit vielen Jahren für die Anlage im Berliner Mellowpark verantwortlich, wo fast alle deutschen Freestyler regelmäßig trainieren. Seit 2000 wird in Berlin Freestyle betrieben und viele Events haben in der Vergangenheit das Publikum angelockt. Künftig werden es noch mehr sein.

Für die bevorstehende Weltmeisterschaft in China  hat der Bund Deutscher Radfahrer  sechs Sportlerinnen und Sportler ausgewählt. In der Frauen-Klasse geht die erst 17-Jährige Lara Lessmann an den Start, die als größtes Talent in der deutschen Freestyle-Szene gilt. Es gibt keinen separaten Contest für Juniorinnen, sie starten gemeinsam mit den Frauen, aber es gibt später eine Extra-Wertung. Gleiches gilt im männlichen Bereich für Evan Brandes, der wie Lessmann erst 17 Jahre alt ist.

Lessmann konnte in diesem Jahr bereits einen Weltcup für sich entscheiden. „Wichtig ist in erster Linie, bei den Weltmeisterschaften Erfahrungen zu sammeln“, sagt Werner, aber ganz ohne Druck geht es dann doch nicht: „Die WM gilt gleichzeitig als einzige Qualifikation für die Youth Olympics im kommenden Jahr in Buenos Aires,“ weiß Werner. Und dort geht es dann bereits um erste Punkte für die Olympia-Qualifikation.  

Bei den Männern schätzt Werner den Berliner Paul Thölen als derzeit stärksten BMX-Freestyler ein.

Beim letzten Weltcup der Saison, der eine Woche vor der WM auf dem Parcours von  Chengdu abgehalten wurde, erreichte Paul Thölen bei den Männern das Halbfinale und überzeugte die Judges mit besonders stylischem BMX fahren. Bei den Frauen konnten die beiden deutschen Teilnehmerinnen das Finale erreichen. Dort erzielte Rebecca Berg mit vielen technischen Tricks am Ende Platz acht. Lara Lessmann überzeugte bei ihrem zweiten Weltcup erneut mit kreativen und anspruchsvollen Tricks, die sie als einzige Frau in der Welt beherrscht und wurde damit Zweite hinter der Weltcup Gesamtsiegerin Hannah Roberts aus den USA.

Nun gilt die Konzentration voll und ganz der bevorstehenden Weltmeisterschaft, bei der die deutschen Sportler- und Sportlerinnen ihre besten Tricks abrufen wollen. Coach Tobias Wicke sagt: „Dann haben wir das Potential international mitzuhalten und als deutsches Team einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.“

 

Reichenbach auf Medaillenkurs
Bei den Urban Cycling World Championships In Chengdu werden nicht nur WM-Medaillen im Freestyle vergeben, sondern auch im Trial und MTB Eliminator Race. 

Den Auftakt machen die Trial-Athleten mit ihrem Mannschaftswettbewerb am Mittwoch. Die Einzelentscheidungen werden am Samstag vergeben. Aussichtsreichste Kandidatin im BDR-Lager ist Katharina Reichenbach. Die erst 18-Jährige ist Titelverteidigerin, amtierende Deutsche Meisterin und hat von fünf Weltcups in dieser Saison vier für sich entschieden. Nur in Le Menuires in Frankreich musste sie sich mit Platz zwei begnügen. Bei den Herren gilt Dominik Oswald als aussichtsreicher Medaillenkandidat.

Im Eliminator Race am Sonntag (12. November) ruhen die Hoffnungen vor allem auf Simon Geggenheimer, dem Weltcup-Sieger 2017. Er gewann bereits 2015 Bronze und 2016  Silber. Seine deutschen Mitstreiter Heiko Hog, Simon Gutmann (beide Freiburger Pilsner-Merida), Vitus Wagenbauer (RSV Oberland), sowie die erst 17-jährige Deutsche Meisterin Clara Brehm (KSV Bavaria Waldaschaff) gehören zu den Außenseitern.

Das BDR-Aufgebot:
BMX-Freestyle
Elite männlich

Brandes, Evan  (LV Berlin/Jahrgang  2000)
Freigang, Tobias  (LV Berlin/1994)
Thölen, Paul (LV Berlin/1998) 
Tünte, Daniel  (LV Berlin/1992)
Elite weiblich
Berg, Rebecca ( LV Sachsen-Anhalt/1992)
Lessmann, Lara (LV Berlin/2000) 

MTB-Eliminator
Brehm , Clara (KSV Bavaria Waldaschaff)
Hog, Heiko (beide Freiburger Pilsner-Merida)
Gegenheimer, Simon  (Team Rose-Vaujany)
Gutmann, Simon (Freiburger Pilsner-Merida)
Wagenbauer, Vitus  (RSV Oberland)

Trial
Männer (3 Startplätze 20 Zoll, 6 Startplätze 26 Zoll)

Herrmann, Hannes
Lorenz, Kai
Mrohs, Matthias
Oing, Jannis
Oswald, Dominik
Sandritter, Jonathan
Strasser, Andreas
Wenzel, Wolfgang
Weidler, Mario

Junioren (3 Startplätze)
Friedrich, Jonas
Keitel, Felix
Sandritter, Noah
Trommler, Ron
Widmann, Oliver
Zehentner, Raphael

Frauen (3 Startplätze)
Dambmann, Aileen
Reichenbach, Nina
Rommelt, Celina

Zeitplan:
Mittwoch, 8. November 2017:
15:00 – 17:00 h    Mannschaftswettbewerb Trial

Samstag, 11. November 2017:
10:00 – 11:00 h   Trial Junioren 20 Zoll
11:00 – 12:00 h   Trial Junioren 26 Zoll
15:30 – 17:00 h   Trial Frauen
17:00 – 18:30 h   Trial Männer 20 Zoll
18:30 –  20:00 h   Trial Männer 26 Zoll

Sonntag, 12. November 2017:
10:05 – 11:35 h   BMX Freestyle Frauen
12:30 – 14:30 h   BMX Freestyle Männer
16:00 – 17:00 h   MTB Eliminator Finale Männer und Frauen

Angaben in Ortszeit (MEZ: minus 7 Stunden)

zum Foto: Die BMX-Freestyler um Weltcupsiegerin Lara Lessmann (3. von links) und Coach Tobias Wicke. (frei zur redaktionellen Verwendung)

 

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