Kristina Vogel war mit drei Medaillen die erfolgreichste Athletin dieser Weltmeisterschaft. Insgesamt gab es fünf Mal Edelmetall für den BDR. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Wir sind nicht unzufrieden. Eine Weltmeisterschaft im ersten Jahr nach den Olympischen Spielen steht immer unter anderen Vorzeichen. Aber wenn nicht jetzt, wann dann können wir neue Methoden ausprobieren und das Training optimieren? Die Erkenntnisse, die wie daraus ziehen sind positiv. Darum werden wir den eingeschlagenen Weg weitergehen. Wir wissen, woran wir arbeiten müssen, um 2020 bei den Olympischen Spielen erfolgreich zu sein. Unser Blick geht nach Tokio.
Das Abschneiden der männlichen Teamsprinter war ein Debakel. Bundestrainer Uibel meint, er verfalle deswegen nicht in Panik. Wie sehen Sie das?
Ähnlich. Wir werden aus Misserfolgen Erfolge gestalten. Wir wissen, wo wir stehen und wo wir ansetzen müssen. Wir brechen daher nicht zusammen, weil es diesmal nicht zu einer Medaille reichte. Wir hatten auf Position 1 Probleme. Daran gilt es zu arbeiten.
Max Niederlag hat ein gutes Sprintturnier bestritten, wurde dann aber wegen eines angeblichen Fahrfehlers distanziert und schied vorzeitig aus.
Das war mehr als ungerecht. Sogar die Kampfrichter sprachen später von einer Fehlentscheidung! Aber daran lässt sich nichts mehr ändern. Wir haben protestiert, aber leider ohne Erfolg. Ich hoffe, dass Max Niederlag, der gerade wieder auf einem guten Weg nach oben war, nicht in seinen sportlichen Plänen zurückgeworfen wird durch diese große Enttäuschung, sondern konsequent seinen Weg weitergeht und seine Ziele im Auge behält.
Der Vierer der Männer war weit von den Medaillenrängen entfernt. Das hat aber niemanden überrascht. Was passiert dort im Richtung Olympische Spiele 2020?
Wir haben trainingstaktische Defizite. Aber das wussten wir im Vorfeld. Das Risiko sind wir eingegangen. Wir gestalten einiges anders. Das muss erst optimiert werden. Leistungsmäßig waren wir nicht abgehangen. Statt Platz zwölf hätte es auch Platz acht werden können. Ich sehe uns deshalb nach wie vor im Dunstkreis der Weltspitze. Eine Reihe von Athleten hat dies in den Ausdauerdisziplinen dieser WM bewiesen: Platz neun von Kersten Thiele in der Einerverfolgung, Platz neun auch im Madison zum Abschluss der WM und schließlich die Silbermedaille im Scratch durch Lucas Liss.
Aber die Ausdauerleute haben nur einmal im Jahr die Chance, sich international auf höchstem Niveau zu präsentieren. Ist das dann nicht eine vertane Chance?
Sicherlich ist die Weltmeisterschaft ein großer Höhepunkt im Jahr. Es ist auch interessant zu sehen, wo die Konkurrenz steht. Aber wir denken, dass wir über die Weltcups, die ja auch quantitativ mehr werden, noch Chancen bekommen, uns zu präsentieren.
Der BDR hat exakt die gleiche Medaillenausbeute wie Großbritannien erzielt, die zu den führenden Nationen auf der Bahn gehören. Ist das ein Indiz dafür, dass im BDR optimal gearbeitet wird?
An einem Medaillenspiegel wollen wir uns nicht festbeißen. Aber diese Weltmeisterschaft hat gezeigt, dass wir eindeutig zur Weltspitze gehören. Wir schauen nicht darauf, wie viele Medaillen jetzt Großbritannien oder Neuseeland oder Australien gewonnen hat. Wir wollen uns selbst entwickeln, unsere Stärken ausbauen und unsere Schwächen abstellen. Das ist unser Ziel.
Der Ausdauerbereich Frauen ist dennoch ein Schwachpunkt. Der deutsche Rekord von Gudrun Stock kann ja nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Abstand zur Weltspitze enorm ist.
Es ist sicherlich unsere Achillesferse und wir müssen in die Strukturen investieren. Aber ganz so düster sehe ich das nicht. Gudrun Stock hat eine herausragende Leistung gezeigt, Franziska Brauße ist eine sehr junge Athletin, die gute Ansätze zeigt, Tatjana Paller entwickelt sich. Wir hatten in Hongkong auch nicht alle Athletinnen zur Verfügung, weil einige für ihre Firmenteams auf der Straße unterwegs waren. Aber es ist ein gewisses Potential vorhanden, wofür auch der fünfte Platz von Charlotte Becker im Punktefahren spricht. Darauf müssen wir aufbauen.