Road to Paris: Maximilian Schachmann
Die Olympischen Spiele in Paris rücken näher. Der BDR präsentiert in dieser Serie Sportlerinnen und Sportler, die für Paris nominiert wurden. In der heutigen Folge stellen wir Maximilian Schachmann vor, der in Paris im Einzelzeitfahren und Straßenrennen antreten wird.
Foto: BDR

Maximilian Schachmann ist der einzige deutsche Starter im Einzelzeitfahren der Männer, das am ersten Wettkampftag der Olympischen Spiele von Paris stattfindet. Dieser einsame Kampf gegen die Uhr, die elende Schinderei auf schnurgeraden Straßen, wenn auf den letzten Kilometern jeder Muskel schmerzt, das ist eine Disziplin, die Schachmann liegt.

Schon früh feierte er erste Zeitfahr-Erfolge, etwa 2012, als er bei den Weltmeisterschaften in den Niederlanden Bronze bei den Junioren gewann. 2015 war er WM-Zweiter und Dritter bei den U23-Europameisterschaften, und in seinem letzten U23-Jahr 2016 stand er wieder als WM-Zweiter auf dem Podest. Da hatte er sich längst einen Namen in der Szene gemacht, dominierte die Tour Alsace, ein bedeutendes U23-Etappenrennen in Frankreich.

Nach wie vor gehört der Kampf gegen die Uhr zu den Leidenschaften des Radprofis, auch wenn er längst andere große Erfolge feiern konnte. Das ewig lange Geradeausfahren sieht Schachmann gar nicht so problematisch. „Ist doch nicht immer so“, lacht der 30-Jährige. Den Kurs von Paris wird er erst kurz vor dem Rennen abfahren können. „Es ist ein Kurs in der Stadt, da bin ich echt gespannt, wie der Belag ist,“ sagt Schachmann, der mit seinem Trainer John Wakefield einen „Pacingplan“ erarbeitet hat. „Bei John habe ich das Zeitfahren noch mal richtig gelernt, mich weiter verbessert.“ Vor allem an der Feinabstimmung habe man gearbeitet. Und das Material stimmt auch in Paris. Schachmann reist also optimistisch in die französische Hauptstadt, will aber keine hohen Erwartungen wecken. „Ich sage mal, Top-Acht wäre ok.“

In den Wochen vor den Olympischen Spielen von Paris absolvierte der gebürtige Berliner ein weiteres Höhentraining in Andorra und hofft auf bessere Spiele als vor drei Jahren in Tokio. Auch im Straßenrennen.

„Da bin ich von Anfang an viel zu offensiv gefahren und bekam an der letzten Rampe Krämpfe. Hätte ich mich am Anfang zurückgehalten, wäre es vielleicht anders ausgegangen. Dabei hatten er und seine Teamkollegen ganz schwere Bedingungen. Wegen der Corona-Infektion von Simon Geschke wusste Schachmann lange nicht, ob er überhaupt würde starten können. Morgens um sieben habe man sie noch drei Stunden mit einem klapprigen Bus zum Start gefahren. Geschlafen hatten sie kaum. Da war der zehnte Platz ein mehr als respektables Ergebnis. „Aber beim Zeitfahren hatte ich echt einen üblen Tag,“ erinnert er sich. 15. wurde er in Tokio.

Zusammen mit Nils Politt wird Schachmann dann am 3. August auch das Olympische Straßenrennen bestreiten und ist gespannt, wie fit die Fahrer sein werden, die aus der Tour kommen. Taktisch könne man vorher kaum planen. „Wenn früh eine Gruppe geht mit Fahrern der führenden Nationen, wer soll dann hinterherfahren bei diesem kleinen Fahrerfeld“, weiß er um die Besonderheit des Olympischen Straßenrennens. Außerdem sei der Kurs sehr schwer und ein 273 Kilometer langes Rennen fordere seinen Tribut.

Maximilian Schachmann ist ein sehr ehrgeiziger Rennfahrer und ein besonderer Mensch. Er ist neugierig, offen und ein großer Denker und Analytiker. Alles was er tut, muss einen Sinn ergeben, wird hinterfragt. Das war schon immer so und jetzt, im Alter von 30, ist er noch weniger kompromissbereit.

Er ist mathematisch sehr begabt, wollte eigentlich Wirtschaftsingenieurwesen studieren. Doch dann unterschrieb er doch lieber einen Profivertrag, weil er eben Radsport noch mehr mag als Formeln berechnen.

Schachmanns Karriere begann beim SC Berlin, von wo aus er zum Thüringer Energie Team wechselte, wo auch Tony Martin, John Degenkolb und Marcel Kittel ihre Laufbahn in der Klasse U23 starteten. Nachdem das Team sich auflöste, wechselte der Berliner zunächst zum Development Team von Giant-Shimano, dann zur Nachwuchsmannschaft von Quick Step, Klein Constantia, um schließlich 2017 seine ersten Rennen in der WorldTour im Trikot von Quick Step zu fahren. Im Folgejahr ließ er mit einem Etappensieg in der Katalonien-Rundfahrt aufhorchen und schaffte mit seinem Tageserfolg im Giro d`Italia 2018 seinen endgültigen Durchbruch.

In seiner ersten Grand Tour übernahm er schon bald das Trikot des besten Nachwuchsfahrers, fiel dann aber wegen Atemwegsproblemen zurück. Um dann auf der 18. Etappe bei der Bergankunft am Prato Nevoso Radsportgeschichte zu schreiben. Schachmann diktierte das Tempo in einer zwölfköpfigen Ausreißergruppe, die mehr und mehr zerfiel. Schließlich setzte sich der Berliner allein an die Spitze und holte sich den Etappensieg.

Erfolgreich verlief seine Karriere auch 2019, wo er im Trikot von Bora-hansgrohe wieder einen Etappensieg in der Katalonien-Rundfahrt feierte und anschließend mit drei Tageserfolgen in der Baskenland-Rundfahrt überzeugte. Auch in den Klassikern setzte sich Schachmann durch, wurde u.a. 2019 Dritter bei Lüttich-Bastogne-Lüttich.

Seine Stärken liegen in klassischen Eintagesrennen und Etappenrennen über fünf, sechs Tage. Die renommierte Tour Paris-Nizza gewann er gleich zweimal: 2020 und 2021. Das war vor ihm noch keinem deutschen Rennfahrer gelungen.

Doch dann kam Corona. Gleich mehrere Infektionen sorgten für große gesundheitliche Probleme, zwangen immer wieder zu längeren Pausen und schließlich beendete Schachmann die Saison 2022 vorzeitig. „Es war ein Jahr zum Abhaken,“ sagte er. „Die Krankheiten haben mich das ganze Jahr über nie auf mein normales Niveau kommen lassen.“

Wenigstens privat lief es gut beim Berliner, der im September 2022 zum ersten Mal Vater wurde und mit  Ehefrau Mery und Tochter Emma inzwischen in Andorra lebt.

Und seit 2023 geht es auch sportlich wieder bergauf. Bei den nationalen Meisterschaften fuhr er zweimal auf Podest, feierte einen Etappensieg in der Sibiu-Tour. In diesem Jahr imponierte er mit einer starken Zeitfahrleistung im ersten Giro-Zeitfahren, wo er Fünfter wurde. Einen Etappensieg auf dem ersten Abschnitt der Italien-Rundfahrt verdarb ihm der Kolumbianer Jhonatan Narvaez. Schachmann wurde Zweiter, vor dem späteren Gesamtsieger Tadej Pogacar. Vielleicht kann er den Slowenen am 3. August auch in Paris abhängen.

 

Im Porträt

 

Team: Red Bull-Bora-hansgrohe

Geb.:  09. 01. 1994 in Berlin

Wohnort: Andorra

Olympia-Teilnahme: 1 (Tokio)

Familienstand: verheiratet, 1 Tochter

 

Erfolge:

2012: 3. J-WM  Einzelzeitfahren

2015:  3. U23-EM Einzelzeitfahren, 2. U23-WM Einzelzeitfahren

2016: 1. U23-DM Einzelzeitfahren, Etsieg Giro della Valle d’Aosta, Ets. und 1. GW Tour Alsace, 2. U23 WM  Einzelzeitfahren

2018: Etappensieg Giro d`Italia, Ets. Katalonien-Rundfahrt, 3. EM  Einzelzeitfahren Elite, Ets. Deutschland Tour, Radsportler des Jahres, WM Mannschaftszeitfahren

2019: 3 Ets. und Grünes Trikot Baskenland-Rundfahrt, 1. Gran Premio Industria & A., Ets. Katalonien-Rundfahrt, 1. DM Einer-Straße, 3. Lüttich-Bastogne-Lüttich

2020: 1. GW und Ets. Paris–Nizza

2021: 1.GW Paris–Nizza, 1. DM Einer-Straßenrennen, 10. Olymp. Straßenrennen, 15. Olymp. EZF in Tokio

2023: 3. DM Einzelzeitfahren, 3. DM Einer-Straßenrennen, Ets.  Sibiu Cycling Tour

2024: 5. Zeitfahren Giro, 2. DM Einzelzeitfahren, 10. DM Einer-Straße

 

 

Max Schachmann privat

Welchen Traum möchtest du dir im Leben noch erfüllen? Eine Weltreise mit der Familie.

 

Was ist für dich ein perfekter Tag? Den Tag mit der Familie verbringen und keine Rechnungen im Briefkasten haben.

 

Welche Überschrift möchtest du gern einmal von dir lesen? Am liebsten keine, dann habe ich meine Ruhe.

 

Mit wem möchtest du an der Hotelbar mal ein Bier oder einen Cocktail trinken? Mit Lars Erichsen (Finanzblogger)

 

Was ist dein Lieblingsfrühstück? Sauerteigbrot mit Avocado, Ei und Lachs.

 

Was ist deine Lieblingsserie auf Netflix? Suits

 

Was ist dein Lebensmotto? „Genieße das Leben, es ist begrenzt.“

 

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