Wer die Spiele von Peking und London erlebt hat, schwärmt heute noch: In Peking durchlief man morgens eine Sicherheitskontrolle und bewegte sich anschließend den ganzen Tag in einem abgesicherten Radius, in London musste man mehr Zeit dafür aufwenden, aber es funktionierte alles fast reibungslos. Und mit den Volontiers konnte man sich natürlich wunderbar in Englisch verständigen. In Brasilien ist alles ein bisschen anders. Busfahrer kennen die Strecken nicht, fahren 80 Minuten zu manchen Wettkampfstätten statt der angegebenen 30, Volontiers sprechen nur Portugiesisch, Strom- und Internetverbindungen sind nicht die stabilsten, der Weg zwischen Rennstrecke und örtlichem Pressezentrum bei den Straßenwettbewerben war ewig lang. Die ersten Olympischen Spiele auf dem südamerikanischen Kontinent offenbaren eben auch südamerikanische Verhältnisse.
Das wurde schon vor den Spielen deutlich, als das Gebäude, das die Radrennbahn beherbergt, fast nicht rechtzeitig fertig wurde. Der gewählte Standort erwies sich als nicht optimal, die Bahn ist zu windanfällig und bereitet den Athleten Probleme. Dass sie pünktlich ins Olympische Dorf einziehen konnten, verdanken die deutschen Sportlerinnen und Sportler auch den vorausgereisten Mitarbeitern des Deutschen Olympischen Sportbundes und der Fachverbände, die hier und da noch Hand anlegten, Spiegel montierten oder Hilfskräfte orderten, damit auch die Wasserspülung im Bad funktioniert. Letztlich sind dies fast alles Kleinigkeiten, die aber in der Summe nerven.
Ganz schön wütend war deshalb der Sportdirektor des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Patrick Moster, als er gestern nach der Mannschaftsleitersitzung für das Einzelzeitfahren zu seinem Auto zurückkehrte und nur einen leeren Parkplatz vorfand. Man hatte ihn abgeschleppt. „Dabei habe ich vorher noch gefragt, wo ich mein Auto parken kann und man hat mich auf diesen Platz verwiesen“, ärgerte sich Moster, der ein offizielles Fahrzeug des Nationalen Olympischen Komitees fuhr mit allen notwendigen Aufklebern. „Aber es war kein erkennbarer Renndienstwagen,“ vermutet Moster, warum man ihn dennoch abschleppte. Nach mehreren Stunden verzweifelten Suchens erfuhr der 49-Jährige wohin das Fahrzeug gebracht wurde. Gegen eine Zahlung von 250 brasilianischen Real, das entspricht etwa 70 Euro, kann er es abholen. Aber erst übermorgen. „Da konnte ich noch so sehr bitten, die blieben stur“, erzählt Moster.
Heute hofft man im Lager des BDR, dass Pannen ausbleiben, denn die Entscheidungen im Olympischen Einzelzeitfahren der Männer und Frauen stehen auf dem Programm. Bereits um 8:49 Uhr Ortszeit (13.49 MEZ) startet Trixi Worrack (Disssen) den 29,9 km langen Kampf gegen die Uhr , gefolgt von Lisa Brennauer aus Durach (9.01/14.01 Uhr). Simon Geschke (Freiburg) geht um 10.18 Uhr (15.18 Uhr) auf die 54,9 km lange Strecke. Tony Martin nimmt sein Rennen um 11.36 Uhr (16.36 Uhr) auf. Er will um die Bronzemedaille mitkämpfen. Favoriten für den Sieg sind Tour-Sieger Chris Froome (GBR) und der Niederländer Tom Dumoulin vom deutschen Rennstall Giant-Alpecin.